„Ich krieg Besuch! Scheiße, was soll ich nur tun?!“ — Teil 4 von 4

Original image by Fred William Dewitt

 Teil 4: Wein, Weib und Gesang

In Teil 3 schrieb ich darüber, wie man die alte Gang reaktiviert. Worum es darin ging und wozu das gut sein soll, musst du dort nachlesen. In diesem Beitrag geht es darum, wie du dich frei machst von etwas, von dem du dich nicht so ohne weiteres frei machen kannst. — Wenn du nicht andere Bereiche deines Lebens in Gefahr bringen willst.

Wenn man, wie in Teil 3 beschrieben, alte Freunde kontaktieren muss, dann liegt die Vermutung nahe, dass derjenige, der dazu genötigt wird, jahrelang anderweitig zu tun hatte, und immer noch hat. Er hatte und hat einfach zu tun.

Wein, Weib und Gesang bedeutet hier ganz einfach, Opfer zu bringen, wo keine Opfer mehr dar gebracht werden können.

Das ist ein Extremfall, der nicht für jeden zutrifft. Ich beschreibe es aber als Extremfall, um all deine Eventualitäten damit abzudecken. Nichts muss so sein, wie ich es hier darstelle. Sehe das mal eher als inspirierenden Leitfaden in Form eines Worst-Case-Szenarios.

 

Du hast zu tun und bist mehr als ausgelastet…

…mit deiner Familie, in deinem Job oder aufwendigen Projekten wie Berufswechsel, der Gesundheit (dem Alter), die Kinder (Prostituierte und Drogendealer) oder sogar mit einem Start-Up.

All das verlangt deine volle Aufmerksamkeit und erschöpft deine Energiereserven völlig. Da hast du keinen Nerv für andere Dinge. Erst recht nicht für solche, die selber enorm an die Substanz gehen, wie zum Beispiel eine Dauerorgie zu organisieren, an denen du die Hauptfigur sein sollst. Dein Kopf ist randvoll.

Und genau jetzt kracht so eine Aufgabe auf dich ein. Du sollst auf einmal eine Menge spezieller Leute unterhalten, weil sie dich besuchen kommen. Für ein paar Tage. Mindestens.

Denen sind deine näheren Lebensumstände oder dein Weltbild erst einmal scheiß egal. Weil sie in einer anderen Welt leben. Oder weil sie denken, dass du nur auf sie gewartet hast.

Kurz, bei dir ist die Kacke am Dampfen, du drohst unterzugehen im Swimmingpool, der voll ist mit der Jauche deiner Lebensumstände. Und jetzt kommen sie alle und wollen auch noch hinein scheißen. Natürlich alle gleichzeitig.

Falls es bei so oder so ähnlich sein sollte, kann ich dir nur sagen: Ich verstehe dich. Und ich kann dich auch beruhigen, dass du da schadlos heraus kommst. In der Realität ist so etwas eher positiv statt negativ für deine weiteren Umstände.

Du kannst nämlich über dein Geschäft reden, dabei vielleicht Partner gewinnen, inspiriert werden, auf neue Gedanken kommen. Ja, innere Grenzen können sich öffnen und neue Wege auftun. So gesehen hast du mit jedem Besucher, der dich sehen will, eine Chance statt vertaner Zeit.

Genug gesabbelt, lassen wir die Partylöwen aus dem Zwinger.

Eine Besonderheit vorneweg. Falls es bei einen kommenden Besuch nicht explizit um dich geht und sich dabei auch niemand großartig für dich interessieren sollte, verabschiede dich freundlich („Kind ist krank“) und gehe. Geh einfach nach Hause, stell das Telefon ab und meide soziale Medien für eine Woche. Bevor einer merkt, dass du keine Kinder hast, sind alle wieder nüchtern und haben daher wieder ihre eigenen Gören vor Augen.

Wenn du deinetwegen Besuch bekommst – und darum geht es hier hauptsächlich – dann lagere alles aus (siehe Teil 2) und hol weitere Leute als Unterstützung hinzu (siehe Teil 3).

 

So, jetzt kommt dein Part, dieser vierte Teil ist sozusagen „Dein Teil“:

Empfange deinen Besuch dort, wo er hingehört. Mache es zusammen mit Freunden und Bekannten oder allein. Je nach dem, wie es passt. Das kann ein neutraler Ort sein. Oder da, wo du ihn generell auslagerst. Also nicht bei dir. Sondern woanders.

Falls du alt, trocken oder Alkohol nicht mehr gewohnt bist, musst du nicht ständig vor Ort sein. Und schon gar nichts trinken.

Da Besuche von Außerhalb meistens in oder um Wochenenden herum passieren, stehle dich erst einmal noch davon und sage, dass du am nächsten Tag wieder (voll) da bist. Trinke am Abend nur ein, zwei Bier zuhause, allein. Dann gehe früh und gut genährt ins Bett.

Falls du theoretisch schon was trinken könntest, aber lange nicht mehr in diesem „Modus“ warst, übernachte dort, wo deine Gäste sind. Das heißt, reserviere auch ein Zimmer für dich, und zwar für solange wie du es für angemessen hältst.

Dein Besuch weiß zumindest, dass du auch ein Privat- und ein Berufsleben hast. Insofern erwarten die deine durchgängige Anwesenheit nicht über ein Wochenende hinaus.

Falls dir ein Hotelzimmer zu teuer ist, denke daran, dass dies auf das Jahr verteilt Peanuts sind. Oder falls du hart im Nehmen bist, penn‘ im Auto. Oder hol‘ dir einen Camper.

Mir geht es nur darum, dass du nicht besoffen fährst. Falls du jemanden hast, der dich fährt, ist es super. Aber meist kommen die dich immer dann abholen, wenn du noch nicht willst. Das ist immer so. Denn auf einer Party will jeder der letzte sein.

Die meiste Zeit sind deine Besucher (wahrscheinlich) nicht (nur) aufs Saufen aus. (Bei mir schon. Die kommen aus Skandinavien.) Aber selbst wenn, dann muss es noch lange nicht du sein, der sie alle in Grund und Boden säuft.

Ich schreibe das deshalb, das du deinen Besuch ja ausgelagert hast, dabei musst du selbst mobil genug bleiben, um mit denen deine Zeit zu verbringen. Das können auch gemeinsame Ausfahrten sein. Das geht eh nur nüchtern.

Meiner Erfahrung nach, also in den meisten Fällen, nehmen deine Besucher dich (oder mich) bei sich mit, holen dich ab und bringen dich nach hause. So brauchst du dich um gar nichts zu kümmern. Wenn die 1000km fahren können, dann können die auch 50km fahren.

Oben schrieb ich, dass denen dein spezielles Weltbild, vielleicht als Unternehmer, scheiß egal ist. Das ist richtig, aber Familie und Beruf haben die meist auch.

Einbremsen würde ich die Sache nur, wenn die verlangen, dass du extra für sie „länger Urlaub nehmen“ musst. Finde dann klare Worte und sag, dass das nicht geht. Sei denn du willst das mit deinem Urlaub verbinden und ihr habt das schon länger vor.

 

Falls es sich doch in die Länge zieht

Ein verlängertes Wochenende oder eine reine, normale Woche überstehst du auch. Das geht so:

Du brauchst auf keinen Fall von morgens bis abends vor Ort zu sein. (Siehe Auslagern.) Abends reicht.

Sag deinem Besuch, dass du dir keinen Urlaub leisten kannst, weil deine Situation es nicht erlaubt. Die merken schon, dass du jede frei Minute mit ihnen verbringst.

 

Der Wein

Wie man richtig einen saufen geht, habe ich schon mal beschrieben.

 

Das Weib

Bist du verheiratet oder liiert, dann tut es mir leid. Dein Weib hast du schon.

Wenn du ein „Weib“ bist, dann setz hier einfach das Wort „Kerl“ ein.

Wenn du ein Kerl bist, aber – aus welchen Gründen auch immer – kein Weib (zur Verfügung) hast, dann bringt entweder dein Besuch dir eines mit. Oder es laufen noch genug andere herum. Oder wir nehmen den Begriff hier nur als Metapher für „Gesellschaft“ generell.

Es heißt, Frauen stehen auf maulfaule Männer, weil die nicht widersprechen und „gut zuhören“ können. Ich sage, diese Männer können nur nicht gut reden.

Aber auch ein unterhaltsamer Mann sollte interessant für ebenso interessante Frauen sein.

Ansonsten gilt: Sind schöne Frauen da, ist gut. Wenn nicht, nimm noch einen Drink. (Siehe oben.)

 

Der Gesang

Damit ist einfach nur Musik gemeint. Wir können statt „Gesang“ auch ‚unterhaltsames Gerede‘ nehmen. Oder einfach nur Stimmung.

Jemand, der geistreich, witzig und voller Erfahrung ist, der passt in jede Party. Der wird nie langweilig, der kann am nächsten Tag wieder kommen. Aber ich will hier nicht über mich schreiben, sondern Tips geben.

Wichtig ist, dass du nichts erzwingst. Wenn du lustig sein willst oder „sollst“, versuche es gar nicht erst. Wenn du merkst, dass jemand anderes – es darf hier ruhig auch ein völlig Fremder sein – unterhaltsam ist, dann lass ihn. Der rettet den Abend. Und du hast ja deine Leute auch irgend wann mal als Fremde(r) kennengelernt. Sehe ihn als Chance.

Aber da es sich hier nicht um eine Party im üblichen Sinne handelt wird, sondern um einen besonderen Besuch aus ebenso besonderem Anlass, muss man es nicht all zu sehr „singen“ lassen. Es hängt auch ein bisschen mit der Mentalität der Besucher zusammen. Die einen wollen Karamba. Die anderen wollen sich eher genießerisch-ruhig angehen. (Besonders dann, wenn sie nicht mehr ganz so jung sind und eine etwas längere Anreise hinter sich haben.)

Bei Skandinaviern hängt es vom Alkoholpegel ab, der entweder nicht vorhanden oder bei 100% ist.

Bei Norwegern, wie in meinem Falle (siehe die ersten drei Teile), verhält es sich wie bei den Gremlins. Nur statt Wasser, die sie zu unberechenbaren Party-Monstern macht, ist es Alkohol. Ein Tropfen genügt und aus einem ruhigen, seriös-anständigen Kerl wird ein wilder Rocker. Ich muss also dafür sorgen, dass die jederzeit was zu trinken im Glas haben. Am besten Whisky.

Was du mit deinen Gästen machst, das überlasse ich dir. Denn im Grunde brauchst du dir um gar nichts zu scheren, auch wenn deine Umstände noch so gegen einen Besuch sprechen. Es reicht, wenn du dich zeigst und selbstbewusst vorgibst, was geht und was nicht. Den Rest machen die von allein. Die brauchen keinen Animateur. Die wollen dich nur sehen… und schon gar keinen Stress haben. Also alles halb so wild.