
Teil 1: Die Vage Ankündigung (Unsicherheit)
Folgendes habe ich selbst schon erlebt und erlebe es gerade wieder, daher schreibe ich hier hauptsächlich in der Ich-Form:
Ein vom Zeitpunkt her höchst unpassender und vor allem überraschender Besuch kündigt sich an. Dieser verkündet offiziell für jeden einsehbar auf Facebook, dass er kommt. Und zwar namentlich genannt zu mir. Irgendwann dieses Jahr im Sommer. Mit ein paar Jungs. Oder vielleicht früher. Nichts genaues.
Was ich weiß: Der potentielle Besucher macht keine hohlen Worte. Er tut, was er sagt oder schreibt. Das hat er schon einmal gemacht. Und zwar vor 21 Jahren. Allerdings war ich da vorbereitet. Dachte ich.
Um wem geht es?
In meinem Falle ist es der trink- und vollgasfeste Präsident eines norwegischen Motorradclubs, der mir eine Freude bereiten und samt seiner trink- und vollgasfesten Gang irgendwann mal, wenn die Sonne scheint oder auch nicht, ungeplant bei mir vorbei kommen möchte.
Und wäre das schon nicht genug, passiert es inmitten meiner lange geplanten Firmengründung (dreimal darfst du raten).
Davon will der Präsi und sein Club aber nichts wissen. Denen geht’s darum, dass sie kommen, und nichts weiter.
Mir ist eines klar. Verhindern kann ich den Besuch nicht. Egal, wie ich mich verweigere oder herauszureden versuche, die kommen zu 110%.
Das Problem dabei ist, dass unser Besucher keine präzisen Angaben machen will. Es soll ja eine Überraschung sein. Hier mal die norwegische Variante, mit Vorfreude.
Das ist wie in einem Thriller. Du weißt, wer der Täter ist und weißt was er als nächstes vor hat. Aber du weißt nicht wann. Oder wo. Nur so ungefähr. Die Anspannung steigt.
Dann hakst du nach, um wenigstens ein grobes Zeitfenster frei halten oder einplanen zu können. Denn für diese Leute gilt, wenn die einmal hier sind, dann bleiben die auch eine Weile. Im Gegensatz zu mir haben die Zeit und eine Arschruhe. Außerdem fahren die nicht einen so langen Weg mit Sack und Pack, nur um mal kurz Hallo zu sagen.
Ich habe mir schon überlegt, mir eine Art von Fake-Urlaub zu verpassen, genau in dem Moment, wann ich weiß, wann die genau kommen. Aber das wäre unhöflich und zu offensichtlich. Nochmal: Ich kann der Sache nicht entkommen. Da muss ich durch. Tot oder lebendig. Oder sagen wir, halbtot. Das heißt volltrunken.
Wenn Absagen unmöglich ist
Das perfide an langfristigen Ankündigungen ist, dass man sich nichts anderes großes vornehmen kann. Schon gar keine Unternehmensgründung wie in meinem Falle. Gut, die könnte ich verschieben, wie all die Jahre zuvor. Aber nicht dieses Mal.
Einige Dinge, Events oder Verpflichtungen kann man einfach nicht absagen, weil es keine Ausreden gibt. Warum?
Man hatte ja genug Zeit, sich „darauf“ einzurichten. Und Rücksicht auf jemanden (wie mich) zu nehmen, der gerade das wichtigste Projekt seines Lebens starten will, tut nur jemand, der dasselbe Weltbild hat.
Eine Art Olsenbande auf Motorrädern
Aber wir haben es hier mit Bikern zu tun, die einerseits selber nicht genau wissen, wann sie hier aufschlagen und andererseits nicht wirklich in allen Details wissen wollen, was hier gerade abgeht. Die leben ein Stück weit in ihrer eigenen Welt und vor allem in alten Erinnerungen, die wiederum Erwartungen an die Jetzt-Zeit schüren.
Das ist wie mit Klassentreffen. Die kommen auch immer unpassend, obwohl man schon lange vorher sehr genau weiß, wann sie stattfinden.
Und ich schätze, der Präsi würde toben, wenn er nach 21 Jahren Anlauf extra wieder runter kommt und ich ausgerechnet dann keine Zeit für ihn habe. Das darf natürlich nicht sein. Den wollen wir nicht verärgern. Jedenfalls nicht diesen Sommer.
Die Frage ist, will ich diesen Besuch bei mir da haben oder nicht?
Ich sage schon mal ganz klar nein.
So, jetzt wird es heiß und fettig. Denn bei mir will ich keinen Besuch haben, weil ich nicht kann. Ich kann bei mir kein Dutzend Leute empfangen. Schon gar nicht, wenn jetzt nicht genau weiß, ob es beim Dutzend bleibt oder wen er mit „Wir“ alles meinte.
Fragen gehen mir durch den Kopf. „Wieviel Einwohner hat Norwegen?“ Oder „Brauche ich jetzt doch einen eigenen Flugplatz?“
Fakt ist, so lange ich kein Anwesen wie Pablo Escobar habe, empfange ich nicht mehr Leute als ich Bier kalt stellen kann. Daher tue ich folgendes.
Ich lasse die Biker heran rollen. Sollen sie doch kommen. Entweder die sind so naiv und kommen auf blauen Dunst, was ich nicht glaube. Oder sie geben lang genug vorher Bescheid, an welchem Tag sie aufschlagen und wie lange sie anschließend bleiben wollen.
Und dieses „genug“ ist in doppeltem Maße realistisch und damit sehr wahrscheinlich.
Erstens, da ein komplett unangekündigter Besuchszeitpunkt völlig unrealistisch ist, weil insbesondere ein ferner Besucher wissen muss, dass jeder Gastgeber vorab informiert werden muss, um überhaupt da zu sein.
Wenn nicht, Pech gehabt.
Und zweitens, weil der Besucher seine eigene Reise ebenfalls planen muss. Er muss Urlaub beantragen und seine Familie und Club-Mitglieder mit einbeziehen.
Und denjenigen, den er besuchen will, in diesem Fall mich, dem sagt er nichts? Höchst unwahrscheinlich. Und dazu noch unrealistisch, weil selten dämlich.
Das heißt, als anvisiertes Besuchsziel, also als deren Gastgeber, mache ich nichts, bevor ich explizit mehr weiß. Das funktioniert hervorragend.
Und wie war das mit dem ganz klarem ‚Nein‘ zum Besuchsempfang weiter oben, wenn er denn kommt (was ja irgendwie klar ist)?
Ganz einfach, durch diese eben genannte realistische Zeitspanne bekomme ich selber wiederum genug Zeit, meinen Besuch einfach und effizient auszulagern. Sollen sich doch andere mit denen rumschlagen. (Nicht zwangsläufig wörtlich gemeint.)
Ich sagte mir: Organisiere deinen Besuch so, dass du ihn umlenkst.
Und wie macht man das am besten, einfachsten und ohne Kosten zu haben?
Das erkläre ich dir im zweiten Teil unserer vierteiligen Serie „Ich krieg Besuch! Scheiße, was soll ich nur tun?!“.
Dieser lautet Wie man Besuch auslagert.
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