Falls dich jemand anstarrt: Wie du Glotzer erledigst

Original image by fPat Murray

Wäre ein „Sich gegenseitig zu Tode glotzen“ kein deutscher Volkssport, sondern eine olympische Sportart, dann würden die Deutschen jedes Mal Gold gewinnen.

Selbst Chuck Norris würde da verlieren. Und genau deshalb ist dies kein schöner Beitrag. Sondern einer, der schlimm ist, aber sein muss.

 

Glotzen nervt

Eigentlich fühle ich mich nirgendwo beobachtet. Nirgendwo — außer in Deutschland. Der Grund lauert hierzulande in Form von Beobachtern, Aufpassern, eben Ordnungsbürgern überall.

Das übliche Schauspiel geht so:

Du entlädst dein Auto mit den Wochenendeinkäufen. Dabei weißt du nicht, dass dich der Nachbar am Fenster die ganze Zeit schon durch die Gardine beobachtet.

Du ahnst es aber.

Blitzschnell glotzt du zurück — nur grinsend, so wie auf dem runden Bild rechts oben — und seine häßliche Fratze huscht zurück und verschwindet. Vorerst.

Ich vermute, für Deutsche existiert dieses Thema gar nicht und nicht wenige Leser wundern sich jetzt, was ich hier schreibe oder warum ich mich wundere.

Mein Problem mit den Glotzern? Keiner von denen war attraktiv genug, dass ich daraus jemals eine Romanze entwickeln konnte. Die wirkten mit ihrem dämlichen Gestarre als hätte man ihnen das Gehirn amputiert. Bestenfalls wie hypnotisiert. Deshalb grüßen die ja auch nicht. Selbst dann nicht, wenn man selber herzlich, klar und deutlich grüßt.

Also schlussfolgern wir daraus, dass Glotzer einen an der glotzenden Glocke haben und halbwegs gut aussehende oder junge Damen nicht glotzen. So ist bisher meine Erfahrung. Und die sagt, dass es ein rein deutsches Problem ist.

 

Glotzer sind unzivilisiert

Jeder, der glotzt ist auch ein Spießer. Oder ein schlechter Spion in eigener Sache.

Womöglich sind die Glotzer ja auch alle geistig gestört und leben rein zufällig alle in Deutschland.

Ich glaube mittlerweile, dass Leute, die dich anstarren, dir entweder den Tod wünschen oder auf einen Heiratsantrag warten. Aber eher ist es so:

Sie vergleichen sich, kontrollieren dich und prüfen unentwegt jede deiner Bewegungen. Ganz so, als wärst du der erste Asylsuchende, der es von Kepler-452b bis hierher geschafft hat.

Offensichtlich wollen Glotzer sichergehen, dass auch bei anderen Leuten „alles in Ordnung ist“, dass sie sich an die Regeln halten, selbst da, wo keine sind. Falls nicht, wird denunziert (angezeigt, schlecht geredet, ignoriert) statt kommuniziert.

Nachbarn und weitere Mitbürger zu beobachten ist deutscher Volkssport. Und Breitensport ist es spätestens, seit Onkel Adolf sie dazu ermuntert hat, jeden anzuscheißen, der auch im entferntesten irgendwie auffällt. Aufzufallen, war und ist ein Makel unter Deutschen. Egal, ob positiv oder negativ.

Bei den Ossis (bin selber einer) ist es meiner Erfahrung nach noch penetranter. Bei vielen habe ich mir den Grund für das wortlose Anstarren immer so erklärt, dass diese früher mehr oder weniger für die Stasi gearbeitet haben müssen.

 

Nicht mal Zombies glotzen so blöde

Im direkten Vergleich zu unseren Glotzern sind Zombies noch sehr aktiv und geben wenigstens Laute von sich. Denn nicht nur die toten Augen eines Glotzers sind noch passiver als beim Fernsehen. Sondern der ganze Körper erstarrt. Alles konzentriert sich aufs Glotzen.

Eingefleischte Dauerglotzer sprechen nicht viel. Die antworten nicht, wenn man sie anspricht. Die glotzen einfach weiter. Den längsten Fall hatte ich mal in meiner ehemaligen Kneipe.

Es war früher Nachmittag und noch nicht ganz so voll. Zwei Frauen setzten sich an einem Tisch, von dem aus sie mich an der Bar arbeiten sehen konnten. Sie bestellten das übliche, aber ließen sich viel Zeit.

Die eine Frau mit direkter Sicht zu mir starrte mich volle 40 Minuten lang an. Als ich realisierte, dass sie nicht aufhörte, starrte ich mit gefletschen Zähnen, also einem fiesen Jack Nickolson-Blick, zurück.

Leider konnte ich dass nicht aufrecht erhalten, weil andere Gäste bedient werden mussten.

Als ich dann etwas Zeit hatte, ging ich hin und fragte, ob es einen Grund gibt, warum sie mich durchgehend anstarrt. Die Antwort?

Keine, während die Tante mich weiter anstarrte. Gott, war die hässlich. Die andere Frau versuchte abzulenken, indem sie einen weiteren Kaffee bestellen wollte. Ich sagte, „Nein, Sie zahlen jetzt.“

Etwas schockiert sagte dann die Frau (nicht die Glotzerin): „Nur meines.“ Dann holte sie ihr Geld aus der Handtasche. Ich antwortete in Richtung der Glotzerin, die immer noch glotzte: „Und der Herr zahlt extra, richtig?“ (Ich wollte die männlich aussehende Glotzerin provozieren und so zum Reden bringen.)

Ja, sie guckte dann nach unten. Aber nur, um ihr Geld raus zu holen. Trinkgeld bekam ich keines. Aber ich merkte, wie die andere Frau das mit dem „Herrn“ lustig fand und ihr Lachen unterdrücken musste.

Trotzdem, jemanden blicktechnisch derart auf die Pelle zu rücken ist eine Unsitte. Und es ist ein Ausdruck von Pedanterie in einer sehr unhöflichen Form. Dazu gibt es ein schönes Gegenbeispiel aus den USA.

Das auffälligste, dass mir dort (auch ohne zu glotzen) auffiel, ist, dass für deutsche Verhältnisse extrem aufallende Leute dort kaum auffallen. Das wünsche ich mir auch für hier. Aber mit Wünschen kommt man nicht weit…

 

In der Öffentlichkeit andere Leute anzustarren gehört bestraft

Jedes Mal, wenn mich ein Deutscher anstarrt, überlege ich mir, wie man diesen Glotzer in die Schranken weisen könnte.

In New York City kostet jemanden anzustarren locker $20 Strafe. In Kalifornien hätte sofort jeder Glotzer entweder eine Knarre oder eine Faust im Gesicht. Bereits nach ein, zwei Sekunden. Aber ich will nicht, dass es nach jedem Blickkontakt Tote gibt.

Ich würde stattdessen jeden Glotzer gerne mal einen Wochenendausflug nach Glasgow im guten alten Schottland spendieren. Wenn die zurück kommen, glotzen die nie wieder. Und falls doch, dann lächeln sie wenigstens.

 

Deine Superwaffen gegen Glotzer

Viele wissen nicht, was sie tun sollen, wenn sie angestarrt werden. Keine Panik, die folgenden „Waffen“ gegen Anstarrer und Dauerglotzer sind jederzeit einfach und gefahrlos anzuwenden.

Die einfachste Waffe gegen den „Germanic Stare Down“ oder „Germanic Death Stare“ (heißt wirklich so) ist weder tödlich noch blutig und kommt aus den USA:

Falls dich jemand — und mit jemand meine ich Deutscher — anstarrt, dann glotze ihn ebenfalls an und zeige mit dem Finger auf ihn. Bei hartnäckigen Fällen tue so als ob du schießt.

Deutsche hassen es, wenn jemand mit dem Finger auf sie zeigt. Warum? Das ist fast genauso schlimm, wie angestarrt zu werden, und damit auf einem Mal aus deutscher Sicht unhöflich. Falls der Glotzer dann dich zurechtweisen will, hast du das bessere Argument.

Und damit er/sie dir nicht mit Totschlag-Sprüchen kommt wie „Wir sind hier nicht in Amerika!“. Dann sag ihm nichts von „Amerika“, sondern über seine Mutter, die wohl Scheiße gebaut hat.

Und falls die Person stärker ist als du? Dann gibt es genau zwei Möglichkeiten.

Die erstere und wahrscheinlichere Möglichkeit ist, dass starke Personen niemanden ohne Grund anglotzen. (Trägst die falschen Symbole, ziehst über jemanden her, machst mit seiner Frau rum.) Glotzen tun nur hässliche oder (körperlich, mental, charakterlich) Schwache.

Die zweite und seltene Möglichkeit ist, dass du auf die Person zugehst, freundlich begrüßt und fragen kannst, ob du was für sie tun kannst. Wenn die Type dann immer noch blöd guckt, dann kann die nicht anders, dann ist ihr nicht mehr zu helfen. Dann tu dir den Gefallen und verschwinde. Falls dich jemand fragt, weshalb du verschwindest, dann sag warum.