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Kunden müssen nicht alles wissen. Sie müssen auch nicht alles kaufen. Aber dir als zahlenden Kunden die Informationen direkt zu geben, die dich wirklich als ‚Konsument‘ betreffen, interessieren und aufklären, ist eine erfahrbare Erweisung von Respekt.

Jeder, der was verkauft, sollte seinen Kunden respektieren. Tut der Anbieter es nicht, fühle ich mich schon verarscht. Zumindest ein bisschen.

Hier mal zwei typische Produkt-Beispiele, die Kunden oft zu recht beklagen und dann trotz guter Angebote verärgert (nicht respektiert) zur Konkurrenz gehen:

Ist der Whisky kühlgefiltert, gefärbt und wie alt ist er? Ferner, was für Fässer wurden verwendet? Ich will nicht erst eine email schreiben und nachfragen. Das gehört aufs Etikett. Und zwar klar und deutlich.

Ist das Motorrad Euro3 oder Euro4? Was wiegt das Ding wirklich, vollgetankt und nicht „trocken“. Und haben die Zubehörteile für Deutschland eine Betriebserlaubnis? Ich will nicht erst den Händler nerven. Solche Angaben gehören in den Prospekt, auf die Website. Sichtbar, klar und deutlich.

Es kommt neben den eigentlichen Zweck einer Sache (Genuss, Leistung, Status) auch auf das Vertrauen an, dass wir den Angaben entgegen bringen. Wir wollen was damit anfangen können. In der Praxis, weniger im Labor.

Und ja, vergleichen wollen wir auch. Wir wollen wissen, was der Master Distiller für tolle Aromen bei einem 5-jährigen Whisky aus den Fässern heraus geholt hat. Und wir wollen wissen, ob das Motorrad immer noch nach Motorrad klingt, wenn alles im gesetzlichen Rahmen bleibt. (Wie gesagt, nur so als Beispiele.)

 

Zahlen bedeuten Standardisierung und Vereinheitlichung

Nummern und Mengen sind ein gutes Beispiel. Ich sage mal, es kommt darauf an, wem die Zahlen nutzen.

Zahlen machen Alltagsdinge (Produkte, Messwerte, Mengen) vergleichbar. Aber ihre Bedeutung verweilt nur kurz.

Nämlich bis zur nächsten Zahl, die einen noch höheren (oder niedrigeren) Wert angibt. Bei vielen Produkten sind Zahlen das einzige Verkaufsargument (PS-Leistung, Preis, Gewicht, Schuss pro Magazin). Und bei vielen Menschen sind Zahlen ein Statussymbol (Einkommen, Facebook-Freunde, Oberweite).

Da gab es den Hubraum vom teuren Auto, das Alter vom geliebten Whisky oder die Körpermaße eines weiblichen Models. Letzteres hält sich am hartnäckigsten, obwohl gerade dieses Model-Beispiel mir die Sinnlosigkeit von nackten Zahlen vor Augen führt.

Das ist wie mit dem eigenen Körpergewicht, wo man sich nur auf die Anzeige der Waage verlässt, obwohl jeder Blick in den Spiegel schneller, präziser (und gnadenloser) urteilt.

Zahlen blenden und begrenzen die Gestaltungsmöglichkeiten. Denn Kunst kann man ja nicht so einfach an Zahlen messen.

Aber bei vielen Dingen helfen Zahlen, eine Sache, genauer ein Produkt, zuzuordnen. Und mal ehrlich, eine Frau ist doch kein Produkt. Aber ein Produkt ist ein Produkt.

 

Etikettenschwindel

Kein Etikett berichtet über alle relevanten Fakten. Denn alle Fakten anzugeben würde ablenken vom Wesentlichen. Und das ist der Haken.

Das Wesentliche muss angegeben werden, und dazu gehören wesentliche Zahlen. Manchmal genügt eine, meinetwegen hinten und in klein. Aber sie gehört genauso drauf wie alle relevanten Inhaltsangaben. Und relevant bedeutet relevant für den Kunden. Besonders dann, wenn er doch viel Geld dafür bezahlen soll.

 

Featureritis

Produkte mit immer neuen Funktionen vollzustopfen anstatt Qualität und realen Gebrauchswert zu steigern ist genauso respektlos wie fehlende oder weggelassene Angaben(, die der Kunde unbedingt haben will – wofür er freiwillig zahlt). Das nennt man dann Featuritis oder Blähware. Hier weiß der Kunde, was er will. Aber der Anbieter nicht, weil jener den Kunden ignoriert. Ignoranz ist respektlos.

Leider bekommst du als Kunde womöglich das, was du nicht haben willst. Und musst dafür zahlen.

 

Wenn wir Geld dafür ausgeben

Man will eben was messbares, eine Größenordnung, um zu wissen woran man bei irgend etwas ist.

Wem vertraue ich mehr? Den Geheimniskrämer mit bunten Bildern und schwammiger Werbung (auch „Marketing“ genannt)?  Die zuckende Hipster-voll-in-die-Fresse-Werbung verkauft nicht unbedingt das Produkt. Sondern den Kunden für dumm.

Oder wollen wir ehrliche Transparenz, die uns sagt, was wir letztendlich wirklich bekommen? Selbst dann, wenn die Zahl nicht sehr hoch ist.

So können wir die Handwerkskunst doch noch mehr schätzen. Wegen der Zahl. Auch und gerade wenn diese eher ‚klein‘ ist.

Du hast die Wahl: Eine Flasche Whisky ohne Altersangabe (bei Scotch sind per Gesetz 3 Jahre Minimum), einen mit 10 Jahren Alter oder einen mit 18 Jahren? Jede davon kostet €30. Welchen würdest du nehmen? Ich denke, die Frage würde eher lauten, welchen du nicht nehmen würdest. Denn ein 10er kann manchmal besser sein als ein 18er. Aber der ohne Altersangabe ist die Katze im Sack. Punkt.

Oder beim Zweirad-Händler: Ein Motorrad mit 4 Zylindern und 150 PS kostet €10.000, eines mit 3 Zylindern und 135 PS kostet €12.500. Und eines mit nur 2 Zylindern und 77 PS kostet €15.000. Das erste ist ein japanisches, das zweite ein englisches, das dritte ein amerikanisches Modell. Jedes verkauft sich, teilweise sogar, weil der offensichtliche „Mangel“ (Gewicht, Zylinder/Winkel, Sitzhöhe) der eigentliche Kaufgrund ist.

Ich will nicht unbedingt wissen, wer mehr oder weniger von irgendwas hat. Oder ob ich statt 200 PS Irgendwo 205 PS bekomme. Wenn es weniger ist, aber sehr gut, dann nehme ich es und bezahle dafür gern [mehr].

Aber ich will zum Henker wissen, was überhaupt drin ist.

Die richtigen Infos bedeuten nicht nur MehrWert, sondern – ich wiederhole – Respekt gegenüber dem Kunden. Diese Angaben heraus zu rücken kostet nichts. Aber der Kunde zahlt oftmals genau dafür etwas mehr. Er will respektiert werden, wenn er schon (etwas mehr) bezahlt. Ich übrigens auch.