Wie du dir reale Chancen mit einem kalkulierten Risiko eröffnest

Image by Evgeniy Isaev

Unkalkulierte Risiken einzugehen ist nur was für Kamikaze und berauschte Hornochsen. Ein kalkuliertes Risiko einzugehen ist die beste Art genau dort Veränderungen in Gang zu setzen, wo sie bisher nicht möglich waren. Egal wo.

Jemand, der seine Risiken kalkuliert, weiß, was ihn erwartet. Er ist von seiner Schlauheit nicht anders als der, der jedes Risiko vermeidet. — Mit dem Unterschied, dass ersterer gezielt Möglichkeiten zu Veränderungen herbei führen kann.

Ein deutscher Angestellter würde es kaum wagen, mit eigenen Ideen sein Leben und das anderer in eine neue unternehmerische Richtung zu lenken. Das Risiko wäre ihm zu hoch. Aufgrund seiner Anpassung und auf die Gefahr hin, sein Gesicht (Job, Einkommen, Status, Weib) zu verlieren, ist er es gewohnt, seiner Angst das Denken zu überlassen. Und Verantwortung, auch das ist er gewohnt, trägt immer das BDSM. (Boss, Dienststelle, Staat, Mutti.)

Leute, die freiwillig die Oberklasse von Porsche, Mercedes, BMW oder Audi fahren, würden sich nie einen Maserati kaufen. Dann lieber einen Porsche, Benz, BMW oder Audi, der preislich und datentechnisch in der gleichen Liga (oder höher), wie der Maser spielt. – Auf den ersten Blick betrachtet wären die vier Deutschen wohl die bessere Wahl. Der zweite Blick fehlt.

Maserati bietet introvertierten und ängstlichen Fahrern nur Unsicherheit: Die sehen einen Kia, der einen Infinity verschluckt hat und beim Anlassen Tote aufweckt, um diese in neiderfüllte Zombies zu verwandeln. Dazu Komforteinbußen, sowieso ein flaues Gefühl im Magen, ein dünnes Servicenetz und böse Geschichten über katastrophale Zuverlässigkeit und kopfschüttelnde Mitmenschen. Die German-Car-User hätten Angst, einiges zu verlieren (Bequemlichkeit, Seriosität, Geld, Kunden, Gewissheit), anstatt was zu bekommen.

Ein jahrelanger Windows-Nutzer würde – trotz bekannter Schwächen – immer wieder einen Windows-Rechner kaufen. Ein Apple-Produkt bedeutet für ihn nur Unsicherheit: Das Einarbeiten ins System, das fehlen der alten Community, das (nicht) Bekommen von Programmen, die er aus Win kennt und die Ungewissheit, ob es funktioniert, wie er es gewohnt ist. Er hätte Angst, etwas zu verlieren (Routine, Gewohnheiten, stündliche Updates), statt Mehrwert zu bekommen.

Der Mann, der eine Frau zum Essen einlädt und sie nur nicht enttäuschen will, der geht in ein Restaurant, dass oder dessen Küche er einigermaßen kennt. Vielleicht geht er zum Italiener. Oder zum Griechen. Aber zum Russen? Zum Nigerianer? Da hätte er Angst, sein Plan könne nicht aufgehen. Wieso?

Statt die Frau besser kennenzulernen, fürchtet er nur sie zu vergrätzen und damit zu verlieren. Er denkt, die Dame, die er einlädt, könnte sich unwohl fühlen oder sein Date könnte peinlich enden bevor es beginnt. (Ist er sich sicher, dass die Frau nicht neugierig ist, so dass sie keine exotischen Dinge oder Erlebnisse mag?) Dieser Mann hätte nur Angst, die Frau könnte ebenfalls unsicher und gehemmt reagieren. Oder genervt sein und ausbüchsen.

Er fokussiert sich auf seinen möglichen ‚Verlust‘.

 

Dein Gewinn sollte schwerer wiegen als der zu erwartende Verlust.

Eines ist klar. Sicherheit ohne Risiken bedeutet Einschränkung, Langeweile und nüchterne Routine. Es ist die Angst eine Sicherheit zu verlieren, die so nie da war. Der Klassenbeste ist kein Abenteurer und wenig kreativ. Und der Einser-Schüler ist selten der unterhaltsame, inspirierende, überraschende oder spontane Mensch. Und leider auch kein Clown.

Ein langweiliger (uninteressanter) Mensch weiß nur, was er nicht will oder verlieren könnte. Darüber beklagt er sich. Und er entscheidet entsprechend. Falls er überhaupt mal was entscheidet. Denn er sieht einseitig nichts weiter als die für ihn daraus folgenden negativen Konsequenzen.

Interessant (im positiven wie im negativen Sinne) ist derjenige, der es wagt, Unsicherheiten und damit Risiken in Kauf zu nehmen. Denn der Haken bei der rein negativen Variante ist, es könnte bei einem interessanten Menschen tatsächlich nach hinten losgehen. Dabei spielt es keine Mandoline, ob er irgendwas entscheidet, anstellt, kauft, liefert oder plant.

Erfolgreich und damit im positiven Sinne interessant wird jemand, der sein Risiko bewusst eingeht. Tut er es, dann geht er ein kalkuliertes Risiko ein, wenn und weil er sich dessen voll bewusst ist. Risiko-Bewusstsein, statt Risikovermeidung ist der Schlüssel zum Leben.

Aber, Leute, die in erster Linie das Gefühl haben, etwas zu verlieren werden von ihren Ängsten getrieben statt von ihrem Bewusstsein. Angst führt zu nichts. Und anders rum: Kalkulierte, also ganz bewusst eingegangene Risiken eröffnen Möglichkeiten. Die Folge ist inspirierte Action.

Wer inspiriert ist, der braucht nicht einmal mehr groß nachzudenken. Er liegt schon richtig, er kennt bereits die Antwort. (Brillant Tim!)

 

Wer ein Risiko eingeht, der ist doch nicht ganz bei Trost. Oder?

Geht jemand ein Risiko wegen eines Risikos ein, dann ist er höchstwahrscheinlich nicht ganz dicht. Oder lebensmüde.

Geht er aber ein Risiko ein, um etwas zu bekommen, was er anderweitig nicht bekommen kann, dann ist das eingegangene Risiko bewusst kalkuliert. Jeder Stuntman oder Raubtierbändiger weiß das. Und damit ist es schon etwas völlig anderes als beispielsweise die Katze im Sack zu kaufen oder so was wie ein Blind Date in einer Kölner Kneipe.

Ein kalkuliertes Risiko einzugehen bedeutet durchaus die Pros und Contras abzuwägen. Auch dann, wenn das, was du bekommst rein emotionalen Wert für dich hat. Aber bei dir ist es anders als beim Angstbürger. Hier bedeutet es abzuwägen, wofür du welchen Preis auf welche Art zu zahlen bereit bist. (Geld ist hier nur eine Form.) Dabei wägst du mit einer anderen Priorität ab.

Diese, deine Priorität liegt in erster Linie auf das, was du bekommst und erst in zweiter Linie auf das, was du nicht bekommst. Das ist der Preis, die Entbehrung oder den Ärger, den du dir dafür wissentlich und sprichwörtlich einhandelst.

Du weißt genau und von vornherein (also bewusst), dass du mit dem was du bekommst, eben bestimmte Dinge verlieren oder nicht bekommen wirst. Also locker bleiben. Genauso weist du je nach Situation, dass das, was du vor hast, kaufst, verschenkst oder erfindest, in irgend einer (für dich aber nebensächlichen) Form nicht funktionieren könnte.

Du musst kein Entrepreneur, ambitionierter Künstler oder Lewis Hamilton sein, um durch das Eingehen eines kalkulierten Risikos deinen eigenen Lebensstil zu pflegen oder mehr aus deinem Alltag herauszuholen. Achte einfach nur auf dein Privatleben, kenne deine Eigenheiten und bekenne dich zu deinen Schrullen. Lege darauf deine Priorität wie selbstverständlich.

Der Grund ein kalkuliertes Risiko einzugehen ist der, was dieser Grund dir und nur dir wert ist. Und der ist real. Hast du keinen Grund, dann bekenne dich zu dir selbst und suche dir einen. Solch ein Grund kann dir Chancen bieten, die du vorher nicht hattest. Dann kannst du immer noch abwägen.