
Muss ich für einen der letzen Flugfähigen (restaurierten) Hexenbesen russischer Bauart eine Typgenehmigung, einen TÜV und eine Zulassung bzw. Fluggenehmigung einholen? Was ist, wenn die Polizei mich damit anhält?
Muss ich einen Helm tragen und ein riesiges Kennzeichen anschrauben? Denn das Ding hat eine maximale Flughöhe von nur 2,2 Metern. Nicht schlecht für einen fast 90 Jahre alten Feger. Früher, wo er neu war, waren über 4 Meter drin, da damals heutzutage unbekannte russische Flüche die Leistung steigerten.
Der Besen ist auf Dauer zwar unbequem, aber extrem selten. Das Gerät wäre auf jeder Flugshow und jedem Bikertreff der Brüller.
Der Stil drückt trotz nachträglich angebautem Sitzkissen nach ca. 15 Flugminuten schon gewaltig im Schritt. Deshalb ist mein Blick nicht ganz glücklich. Aber die Blicke der Leute ist es allemal wert. Vielleicht liegt der Grund für die Schmerzen und die geringe Flughöhe doch an meinem Körpergewicht, denn ich bin ja ein schwerer Junge und keine leichte Hexe.
Also montierte ich mir einen bequemen Fahrradsattel. Nur für eine Leistungssteigerung habe ich im Internet nichts brauchbares gefunden. Spaßeshalber fragte ich einen Nachbar, der Spätaussiedler ist, ob der irgend einen Spruch wüsste. Er sagte: „Weïs nich.“, dreht sich – während ich ihm den Besen zeigen will – wortlos um und geht einfach weg.
Ich wollte einen weiteren spät ausgesiedelten Russlanddeutschen fragen, aber der ging mir auffällig aus dem Weg und tat dann so, als ob er mich nicht sieht. (Ich hatte den Besen doch gar nicht dabei.)
Ein dritter Russlanddeutscher schrie mich erregt an, als er mich nur sah. „Chör auf miet Bäsn!“ Dabei wollte ich nur zum Briefkasten einen Brief einwerfen. Zu Fuß, ohne Bäsn. Ein „Amerikadeutscher“ (gibt es nicht 70 Millionen davon?) würde sagen: „Holy shit! Let’s have a ride… Fuck Harley!“
Naja, wir sind hier nicht in Amerika, wo man alles darf.
Vielleicht wäre es doch das beste, einfach den Hexenbesen bei eBay zu versteigern. Irgend ein Harry Potter-Freak wird schon dafür zahlen. Also weg damit, denn es bringt nur Ärger. Aber genau deshalb wollte ihn ja fliegen: Um zu provozieren. Eine Harley kann sich jeder Zahnwalt kaufen. Aber einen echten Hexenbesen? Eben.
Da ich nun mal auf rustikale Fortbewegungsmittel stehe, lies ich nicht locker. Aber Hauptsächlich ging es mir darum, dass mich die Bullen nicht an jeder Ecke kontrollieren konnten – dank ausreichender Flughöhe. So kam ich auf die Idee, dass vielleicht der richtige Kraftstoff fehlte, ähnlich wie man es von Flugzeugen aus dem 2. Weltkrieg kennt. Die zum Beispiel brauchen einerseits auch viel Öl und vor allem Flugbenzin mit hoher Oktanzahl.
FIFI, eine fidele, aber versnobte alte B-29, schenkte sich schon ihre 15 Liter Öl pro Stunde ein und unter 130 Oktan hat sie den Sprit nicht gar nicht erst probiert. Diese an Genusssucht grenzenden Trinkgelage gewöhnte man FIFI mittels Custom-Motoren, man könnte sagen Einzelanfertigungen (Klone) vom Tuner ab. Ich nenne das kalten Entzug. Aber dafür lebt FIFI natürlich länger und gesünder.
Entweder brauche ich in meinem Fall statt Flugbenzin eben original Flugsalbe. Oder einen modifizierten Antrieb wie bei FIFI. Ich dachte mir „Alles außer EURO4“, aber dank dem Baujahr ca. 1930 (bei Bäsn) gelten keine EU-Vorschriften.
Nur wie funktioniert der Antrieb eines Hexenbesens? Einen Verbrennungsmotor hat der nicht. Nichteinmal elektrisch ist der. Keine Batterien, kein Tank, keine Kabel, nichts. Selbst Antigravitationstechnologien wie bei der Reichsflugscheibe brauchen einen Antrieb oder einen Reaktor. Sagen Experten. An meinem Russen-Besen ist nichts zu erkennen.
Als Nicht-Experte bin ich an dem Punkt überfordert. Das Thema wird mir jetzt zu kompliziert und zu unwissenschaftlich.
Allerdings ging mir beim letzten Ausflug trotz leichten Regens ein Licht auf. Mir wurde klar, dass ich höchst umweltfreundlich unterwegs war und keine Energieressourcen verbraucht habe. Als Umwelt-Sau achtete ich erst spät darauf. Aber jetzt entdeckte ich wohl die Lösung für all die Energie-, Lärm- und Umweltprobleme: Hexerei.
Man sollte Hexerei zum Pflichtfach in allen Schulen machen und es als eigenständige Studienrichtung mit Diplom einführen. Am besten sollte es gleich zur Staatsreligion erhoben werden. Und wer sich nicht daran hält oder darüber lästert, der wird hart und deutsch bestraft, also gründlich in Bürokratie und Polizeikontrollen verwickelt.
Ach, das gibts schon? Ja, richtig. Jetzt fällt es mir ein. Die ganze Energiewende. Der Ökowahn. Das Getue mit Grenzwerten, Biosprit und Geräuschemissionen, besonders da, wo es mehr schadet als nutzt. Was die ganzen Öko-Freaks verlangen ist pure Hexerei. Und die sind Überall. In der Brüsseler EU-Zentrale sprechen sie meist Deutsch.
Baden-Württemberg wird sogar von einem weißhaarigen Hexenbesen regiert.
Um mich vom Ökologitis-Fluch zu heilen, die ich von diesem Hexenbesen bekam, verschenkte ich diesen an einem umweltbewussten Bekannten, der das Ding mit in den Urlaub nach Mallorca nahm, um dann mit seiner Tochter auf dem Rücken durch die Gegend zu fliegen. (Siehe Bild ganz oben.)
Ich selbst buche bei der nächsten Flugshow einen Rundflug mit FIFI. Ich will die Abgase riechen und schmecken. Ich will mit den Haudegen reden, der das Ding fliegt. Ich will, dass mein Tinnitus nach dem Motorenlärm pfeift wie ein Teekessel. Das ist Leben. Und nicht die Suche nach den Unmöglichen auf Kosten des Möglichen.
[Dies war ein Gastbeitrag meines Unterbewusstseins. Von daher nimm mich in diesem Fall nicht so bierernst.]
Falls du mal mit FIFI mitfliegen und vorne (oder ganz hinten) sitzen willst….
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