Immer diese Rosinenpickerei

Image by Cary Bass-Deschenes

Gerade wieder hier bei uns in Bad Belzig passiert (wo sonst?!):

Ein fleißiger unbescholtener Bürger – nennen wir ihn Walt – hilft seinen Nachbarn wann er kann, verleiht seine Landmaschinen, hat immer ein offenes Ohr und trotzdem will jeder nur an seinen tonnenschweren Drogen- und Waffenvorrat.

Nehmen wir an, du bäckst einen Kuchen und steckst viel Zeit, Liebe und Mühe rein. Und dann kommen die Gäste und jeder will am liebsten nur die Rosinen haben, die du mit eingebacken hast.

Den Kuchen an sich will gar keiner. Jedenfalls nicht so richtig.

Warum hast du dir die Arbeit nicht gespart und gleich Rosinen angeboten?

Nehmen wir an, du wärst ein Gast, der nun Kuchen bekommt.

Würdest du, nur weil dir die Rosinen schmecken, nach mehr von dem Kuchen verlangen, in dem sie drin sind? Vielleicht.

Aber vielleicht bist da ja auch kein Kuchenzahn. Ich auch nicht. Also was sollen wir tun? Wie kommen wir an die Rosinen ran? Ganz einfach, indem wir sie uns herauspicken.

Denn damit ersparen wir uns das herunter würgen des ganzen Kuchens, der den Rosinengeschmack sowieso überdeckt.

 

Lästiges Beiwerk

Für jemanden, der Rosinen mag, ist der Kuchen nur lästiges Beiwerk. Es ist wie Ballast, Füllmaterial oder Schlacke.

Also warum stellt jemand, der Kuchen zum Fraß anbietet nicht gleich noch ein Schälchen mit den passenden Rosinen daneben?

Wenn ich Konditor wäre, dann würde ich es im Verkaufsladen tun. Kostenlos. (Die Rosinen „promoten“ dann den Kuchen.) Den Kuchen würde ich einen passenden Rosinen-Namen geben. Und ich würde nur Top-Rosinen verwenden. Diese dürften gern teuer sein. Denn soo viele sind im Kuchen auch wieder nicht drin. Und was kosten schon Rosinen? Eben.

 

Andere Rosinen

Image by Stephane Farenga

Beispiele?

Frühere Fussballübertragungen: Selbst Nichtinteressierte haben sich die Analyse nach dem Spiel angesehen. Meist ohne das Spiel selbst gesehen zu haben. Warum? Wegen der Kommentatoren. Gegen Delling/Netzer waren Hahnenkämpfe geradezu langweilig. Das Fußballspiel war der Kuchen. Delling/Netzer die Rosinen. Und Netzer der Kinski des Fußballs.

Octomore: Einige Whiskies werden wegen ihres starken „Raucharomas“ geliebt. Aber manch einen ist das nicht genug. Der Octomore von Bruichladdich ist flüssiger Rauch. Er qualmt schon beim öffnen, ‚er‘ ist die Rosine. (Ich persönlich kann in keinem Whisky Raucharoma wahrnehmen. Sondern nur Schuhe, morsches Holz und Schweinsleder.) Wer Octomore trinkt, dem vergeht das Rauchen. Wer sich dann trotzdem noch eine ansteckt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Maserati baut nicht die schnellsten Autos, nicht die komfortabelsten und auch nicht die schönsten. Oder die exklusivsten. Assistenzsysteme sind nicht der Rede wert. Der Verbrauch ist hoch. Aber der Name, der Dreizack und vor allem der Klang reichen da völlig. Das Grunzen der Benziner weckt Tote auf. Das ist Jurassic Park auf Rädern. Kein Ami, kein AMG, kein Porsche kann bei diesem Maser-Rock mitspielen. Für Audiophile ist diese Marke die Rosine unter den Autos.

 

Schwarzenschnitzel* mit Rosinen

Image by Neon Tommy

Terminator-Filme laufen nur dann gut, wenn olle Arnie den Termi gibt. Nicht weil Arnie so ein guter Schauspieler wäre oder eh schon so Roboterhaft aussieht (was stimmt). Sondern weil nur Arnie der beste Arnie ist.

Im Gegensatz zu anderen Schauspielern bietet Arnie die Rosinen. Aber nicht in der Menge, dass man sich überfrisst.

Sondern gerade so, dass man nach mehr verlangt. Immer wieder. Jeder, der ein besonderes Geschäftsmodell sucht, kann sich von unserem Schwarzenschnitzel was abgucken. Warum? Es ist ein ‚auf ewig‘ wiederholbares Geschäftsmodell und keine Eintagsfliege oder ein One-Hit-Wonder.

Was für Rosinen hat er denn?

Sich. Seine unverhüllte Schrulligkeit.

Arnie spielt gar nicht. Er ist halt so, wie wir ihn sehen. Wir sehen seine unperfekte Rohbatzigkeit, diese kleinen, aber typischen Arnie-Aktionen, die einen zum schmunzeln bringen. Der Mann ist der perfekte Clown. Ganz einfach, weil er – ohne offiziell einen zu spielen – tief im innern einer ist. Und das lässt er hin und wieder, aber immer an der richtigen Stelle, raus. Er parodiert sich selbst in Form von dosierter Übertreibung. Alles ganz ohne Anstrengung.

Er bietet genau das, was der Zuschauer insgeheim über Arnold Schwarzenschnitzel sowieso schon denkt. Arnie bestätigt dieses Weltbild und fertich. Das löst den Lacher aus. Und solche Lacher wirken wie Crack. Und von Crack kommst du nicht mehr los. Du willst mehr. Kurz: Arnie-Rosinen sind Crack-Rosinen.

Warum bietet nicht gleich jeder seine besten Rosinen den Rosinenpickern an. Ich selbst bin überzeugter Rosinenpicker. Nur: Von den besten Rosinen hat man nicht so viele. Aber dafür findet man mit höchster Wahrscheinlichkeit ausreichend Abnehmer. Wenn jene kommen, dann am besten gleich auf dem Silbertablett servieren.

Frei nach Al Bundy: Den Kuchen können wir weglassen. Essen wir gleich.


*Arnie nennt sich oft selbst im Scherz „Arnold Schwarzenschnitzel“.

Warum Spießer Piraten bewundern

Original Image by Petful (petful.com)

Nicht schön, aber wahr:

Da mich mal eine Blindpese mit dem Auto gerammt hat, lag ich mit jemanden, der etwas jünger war als ich, zusammen im selben Zimmer im Krankenhaus.

Mein Patienten-Kumpel sagte von sich selber stolz, das alle sagen, er sähe aus wie Arjen Robben. Was ungefähr stimmte.

Deshalb nennen wir ihn hier der Einfachheit halber mal Arjen. (Wie der in echt hieß, weiß ich nicht mehr.)

 

Zwei Männer, zwei Themen

Wenn zwei Männer für 9 Tage ein Krankenzimmer teilen, dann ist es so ähnlich als wenn sich zwei Männer eine Zelle im Knast teilen. Solange keiner völlig daneben ist, funktioniert das Miteinander durch Fokussieren auf zwei gemeinsame Interessen. Das sind in dem Falle Fernsehen und Gesprächsthemen. Findet man nichts, dann dauern 9 Tage wie 9 Jahre. Findet man mehr als zwei gemeinsame Interessen, dann werden es reale 9 Jahre.

Als wir Abends fern sahen, habe ich Arjen gleich die Fernbedienung gegeben. Frei nach dem Motto: Egal, was läuft, es ist auf allen Kanälen eh nur Scheiße drin. Ich war aufs schlimmste gefasst — nicht wegen Arjen’s Vorlieben, sondern wegen dem TV-Programm generell. So hat er sich gefreut, dass ich immer genau „dasselbe gucken wollte“ wie er. Diese Eintracht gibt es eben nur bei Männern.

 

Keiner will Pirat sein

Image by Martin Pearce

Tagsüber, als Schwester Dieter uns das Essen brachte und der Doc seine Visite abhielt, unterhielten wir uns anschließend. Was hätten wir sonst tun sollen, außer quatschen? Einen Joint rauchen, zusammen mit dem Chefarzt?

Nein. Arjen nahm an, sich zu unterhalten sei wie das gemeinsame Fernseh gucken. Eben, dass wir immer (s)einer Meinung seien. Waren wir aber nicht.

Während wir über die Zustände im Land berieten, kamen wir urplötzlich auf das Thema Piraten. Wahrscheinlich deshalb, weil Piraten gerade en vogue waren, solange die aussahen wie ein tuntiger Johnny Depp.

Ich sagte dann, um etwas Neues in die Welt zu bringen und den Status Quo zu erschüttern ist es besser ein Pirat zu sein als ein Matrose*.

Das hat er nicht verstanden. Ich erklärte, dass Querdenken und gegen die Regeln arbeiten genau dem Verhalten eines Piraten entspricht. Mit so einer Einstellung kann man langfristig mehr positive Veränderungen bewirken als durch blinden Gehorsam, unauffälliges Verhalten und damit Anpassung an gesellschaftlichen Normen. Kurz, der Pirat hat mehr Spaß*.

Arjen meinte dann, Pirat zu sein sei verbrecherisch und habe nichts gutes an sich, denn der sei doch schlecht für die Gesellschaft. Ich sagte, der „Pirat“ sei sinnbildlich für Kreativität abseits der Konventionen und antiautoritäres Denken gemeint. Und wer sagt, dass die Gesellschaft nicht schlecht sei?

Aber das ging für Arjen zu weit. Seiner Meinung nach sind Regeln und Gesellschaftsnormen dazu da, strikt eingehalten zu werden. Und sowieso, wer Spaß hat, der tue ja nichts sinnvolles.

Da sagte ich nichts mehr, denn in dem Moment kam Schwester Dieter schon mit den Schlafpillen rein.

Der kostenlose Dope hat uns ironischerweise wieder zum reden gebracht. Und dann zum Lesen, die andere Beschäftigung in Krankenhäusern und Spitälern.

Und man liest das, wozu man sonst keine Zeit hat. Ich las die Bikers News. Er las die Bild-Zeitung, die er mir anschließend immer gab. Um Arjen nicht zu kränken, tat ich falscher Bastard dann ein paar Minuten so, als ob ich die Bild tatsächlich „lesen“ würde.

Natürlich bot ich ihm auch meine Zeitschriften zum lesen an. Aber er wollte nicht. Kein Interesse. (Was ich schließlich erwartet habe.)

 

1% Hoffnung

Aber dann, als er in Richtung Klo humpelte, zeigte er auf meine Zeitschrift und sagte beiläufig: „Das ist Hanebuth! Den habe ich Abends mal in Hannover kennen gelernt! Cooler Typ!“

Ich: „Was was was?!?“

Er. „Ich muss aufs Klo.“

Ich: „Geh mal.“ (Und dachte, der kommt ja wieder raus.)

Als er wieder kam, fragte ich, wie er dazu kam, den (damaligen) Präsi der Hells Angels in Hannover persönlich zu treffen.

Die einfache Erklärung war, dass ein Bekannter (Unternehmer) seines Chefs wiederum mit dem Präsi bekannt war und sie dort auf der von den Rockern kontrollierten Reitwallstraße mal ausgegangen sind. Und da haben sie sich halt kurz getroffen. Und ja, der mächtige Rocker Frank Hanebuth hat auch den kleinen Arjen begrüßt und ihm die Hand gegeben und nicht einfach ignoriert.

Voller Stolz erzählte Arjen von der Begegnung. Er habe mit Rockern und Motorrädern ja eigentlich nichts am Hut. Aber die Begegnung mit Hanebuth hat ihm nachhaltig beeindruckt. Ich lies ihn reden….

Und überlegte, wie ich den stolzen Arjen nun erklären könnte, dass er da in Hannovar den „Piraten-Kapitän“ schlechthin getroffen hat. Jemanden, der so brav und gesellschaftskonform ist wie der alte Backbeard und Don Corleone zusammen.

Ist schon doll: Unser moralinsaurer Spießer bewunderte eine Art Pirat, Wikinger oder Krieger der Neuzeit. Er bewunderte das Gegenteil von ihm selbst.

Bevor ich anfangen konnte, Arjen den Spiegel der eigenen Doppelmoral vorzuhalten, kam Schwester Dieter, freundlich wie immer, herein und gab uns unsere Pillen. Ich hätte lieber was gegen die plötzlich auftauchende Seekrankheit gehabt. Denn Arjen’s Weltbild schwankte schon wie ein Stück Holz im Golf von Mexiko.

 

Original Image by Donald Lee Pardue

Konformisten bewundern Nonkonformisten

Nichtpiraten bewundern Piraten, weil jene symbolisieren wie niemand sonst die eigene Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung. Piraten wählen, in und nach welchem System sie leben wollen.

Der Pirat (oder Rocker oder Macher) entscheidet selber, ob er Pirat (oder Rocker oder Macher) sein will. Denn niemand wird als Spießer geboren. Er wird von der Gesellschaft erst dazu gemacht. Entweder du machst oder du wirst gemacht. Deine Wahl, ‚Arjen‘.


*Frei nach Steve Jobs‘ „It’s more fun to be a pirate than to join the Navy.“

Wie kann man etwas so schlecht machen, dass es schon wieder gut ist?

Image by vtsr

Klingt interessant, oder? Nicht nur das. Es ist auch machbar. Denn wenn du etwas nicht richtig gut kannst, warum machst du das dann nicht gleich richtig schlecht? Das ist nicht nur einfacher und hat seinen Reiz. Es hat auch seinen Wert.

Ich meine Mehrwert. Sehr viel Mehrwert. Das einzige Problem an der Sache: Es klingt widersprüchlich.

Ist es aber nicht, denn:

 

Schlecht ist richtig → Sofern es richtig schlecht ist

Dass etwas schlecht ist, heißt noch lange nicht, dass es auch falsch ist. Schlechte Dinge können durchaus richtig sein. Und was richtig ist, ist gut, oder? Doch, ist es. Vertrau Onkel Lutz.

Man kann es auch so ausdrücken: Es gibt Dinge, die liegen derart daneben, dass sie genau ins Schwarze treffen. Was an dieser Stelle schon paradox klingt, löse ich mal auf:

[Daneben kann auch ‚ins Schwarze‘ sein. Wenn man das eigentliche (ursprüngliche) Ziel verfehlt, dann trifft man eben woanders hin. Manchmal ist ein ‚woanders‘ sogar besser, vielleicht unbeabsichtigt, aber dennoch treffend. Im englischen nennt man sowas a happy accident.]

Viele machen ihre Sache viel zu gut, viel zu umfangreich, viel zu aufwendig, viel zu stark und viel zu perfekt. Und wozu? Damit sie mit etablierten Anbietern auf dem gleichen Markt konkurrieren können. Jene geben die Norm vor und sind richtig gut. Also ist man versucht (genauer verflucht), mindestens genauso gut oder besser zu sein. Trotzdem [nein, deshalb] bleibt es aussichtslos.

Das ist wie mit einem 1500 PS-Fahrzeug, dessen Leistung du nicht auf die Straße kriegst. Schon gar nicht auf die öffentliche. Entweder rauchst du den Gummi auf oder gleich den Motor. Wenn du irgendwo hinkommen willst, bist du da besser beraten, wenn du zu Fuß gehst.

Nochmal: Hat man es mit viel Anstrengung geschafft, super gut zu sein, bringt es eventuell nichts. Denn genauso gut bedeutet oft: Genauso und nicht anders.

 

Reicht es aus, anders zu sein?

Nö. Anders sein um seiner selbst willen ist nicht an Kunden, Nutzer oder den Fans orientiert. Du wärst nur ein bisschen anders als die anderen. Aber ohne dass es sonst einen interessiert.

Toyota ist auch anders als Nissan, Norton anders als BSA, und Esso anders als BP. LG ist anders als Samsung, Hakle anders als Zewa. Cartier ist anders als Chopard. Orion ist anders als Beate Uhse. Bayern sind anders als Österreicher. Und Heino ist anders als Beelzebub. Trotzdem besteht für jemanden, der mit der Materie nicht so bewandert ist, Verwechselungsgefahr. Dieser Unterschied reicht noch nicht.

 

Das Problem ist Anpassung

Viele Firmen, Filmstudios, Werbeagenturen und sogar gestandene Musiker kopieren sich mit ihren Angeboten, Arbeiten und Werken gegenseitig. Ist etwas erfolgreich, dann haben es bald alle. Nur eben in grün. Aber die Kunden und Anhänger grasen nur die paar ersten ab. Und jeder Neuankömmling ist einer zu viel. Das sieht man auch bei Bloggern. Egal, wie viel Beziehungen, Referenzen und Geld sie mobilisieren. Ich hab auch schon Preise gewonnen. Schön, aber genutzt hat es nichts. Gar nichts.

Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

 

Bestätige die Regel, aber halte dich nicht dran

Sei die Ausnahme. Wie? Sei hirnverbrannt und unvernünftig. Das heißt jetzt nicht, dass du etwas durchgehend schlecht oder nur noch eines machen musst. Also wo alles bis ins Detail das schlimmste ist was man sich nur vorstellen kann. Es geht eher so:

Mache etwas nur so, damit es seinen Zweck in allen Belangen (Anforderungen, Aufgaben, Lastenheft usw.) erfüllt. Mit ‚allen Belangen‘ meine ich halbwegs komplett. Und komplett bedeutet in diesem Falle erst einmal gut genug, also ausreichend. (Wenn Facebook oder Kinder kriegen weder funktionieren noch glücklich machen, dann hör auf damit.) Es darf, falls es möglich ist, gerne mehr, besser und sehr gerne richtig gut sein, was du tust. Auf jeden Fall. Unbedingt.

Aber der Sinn dieses Beitrags ist, dass eben dies nicht immer möglich ist. Und selbst wenn es möglich wäre, es auch nicht immer ausreicht, um eine Wirkung zu erzielen.

 

Ein paar richtig blöde (und deshalb gute) Beispiele aus der Praxis:

Bikes von Harley-Davidson belegen in jedem Testbericht den letzten Platz. Die sehen in der Serie mitunter ‚hässlich‘ aus, sind mager ausgestattet und unlogisch konstruiert, haben deshalb Fehlzündungen und laufen nicht ganz rund. Sie vibrieren, krachen beim Schalten, sind langsam, unhandlich und haben die schlechteste Fahrdynamik und Sitzposition aller Motorräder. Das alles hat man nicht wegoptimiert, sondern im Gegenteil, kultiviert.

Deshalb sind Harleys nur für richtige Männer. Was ja auch stimmt. Und egal, ob sie schrauben oder fahren. Der unrunde Klang, die Custom-Szene, das rustikale Getriebe und die auf einigen Maschinen erzwungene Körperhaltung verstärken noch diese Wirkung.

Hier könnte man meinen, dass vor allem Victory, Indian (oder Yamaha) ähnliches anbieten. Tun sie aber nicht, weil dies nur gute Motorräder sind. Paradoxerweise sind bei Harley die Maschinen gar nicht der Kaufgrund. Es ist der Sound (Charakter) in Verbindung mit einem Gefühl, was man heute sonst nirgendwo mehr zu kaufen kriegt. Das schicke Bike ist nur Beigabe. Diese Beigabe ist so ’schlecht‘, dass sie oft erst einmal umgebaut werden muss.

Leichengeschmack und Krankenhausgeruch ist nicht jedermanns Sache. Kann bei schottischen Islay* Whisky aber vorkommen. Weshalb man ihn traditionell zum Abmischen (Blenden) verwendet. Laphroaig in seinen verschiedenen Varianten ist Leichenschauhaus mit Alkohol und daher für viele ungenießbar. Wenn Zombies Whisky kaufen würden, dann Laphroaig.

Und nicht nur Zombies. Auch für mich und einige andere ist der eigenartige Geschmack der Grund, mehr davon zu genießen, in allen Ausprägungen.

Weil es neugierig macht und die Abfüllungen wahre Geschmacksatombomben sind. Es gibt Leute (ich nicht), die geben hunderte von Euros für eine Pulle aus, nur um sie zu trinken. Der Stoff hat the Isle of Islay zu einem Begriff für Kenner [und trinkfeste Zombies] gemacht.

Original Image by Paul Altobelli

Öffentlich seine Fans zu beleidigen kommt nicht gut an bei selbigen. Und schon gar nicht auf der Bühne. Bei jedem Auftritt.

Aber genau das ist seit über 60 Jahren das Kernelement und der Grund für den Erfolg von Don Rickles. (Einfach mal bei YouTube seinen Namen eingeben.)

Er gehört bis heute zu den beliebtesten Gästen in amerikanischen Late Night Shows. Warum?

Weil er Schwung in die Bude bringt und die (jungen) Leute sehen wollen, wie der schrullige Alte wieder auf jemanden los geht. Das ist sein Rezept.

Der Mann ist alt, aber mopsfidel.

Trotzdem Vorsicht, er ist ein bisschen wie der oben genannte Whisky. Unnachahmlich, aber nicht jeder (Deutsche) kann ihn ab.

Das eine alberne Zirkus-Melodie für Kinder zu einem Welthit mutieren kann, haben Guns N‘ Roses bewiesen. Einer der größten Rock-Hits ist entstanden, weil Slash (Der Zottelkopp mit dem Zylinder) aus Quatsch so ein blödes Lied mit Absicht (und auch noch falsch) gespielt hat, und weil keinem erst mal was besseres eingefallen ist. Das Intro von Sweet Child o’Mine ist – wie der komplette Song – daraus entstanden.

Ein alter Scheuerlappen reinigt wohl schneller und besser als ein Vileda-Wischmopp. Meiner Erfahrung nach verteilt der eher den Dreck als dass er ihn aufwischt. Aber er (der Wischmopp) ist so saubequem, dass einem dessen Mehrwert sofort klar wird.

 

Du bist Künstler…

…wenn du einen Nachteil in einen Vorteil verwandelst. Du bist ein Genie, wenn du den Nachteil so aufbaust, dass nur noch du ihn dir erlauben kannst. Und du bist ein Magier, wenn du aus einen unhaltbaren Nachteil ein unnachahmliches Markenzeichen machst. Du bist der King, wenn Nachteil, Markenzeichen und Mehrwert bei dir ein und dasselbe sind.


*Islay spricht man wie in deutschen „Eila“ oder „Keiler“ aus. Laphroaig wie „La Froig“. (Oder ‚Phroaig wie „Froig“.) Und immer mit weich rollendem „R“.

Nie wieder der nette Typ sein — Wegen all der bösen Leute

Original Image by Phil King

Du hast keine Zeit, trotzdem wartest du am Eingang zur Bank auf einen herannahenden älteren Herrn, um ihn mit einem Lächeln extra die Tür aufzuhalten. Der Greis geht einfach durch, würdigt dich keines einzigen Blickes, steht dann in der Schlange vor dir und braucht 50 Minuten, weil ihm immer wieder was neues einfällt.

Du stoppst an der Straßenausfahrt, weil von links ein Auto naht. Du wartest und wartest und du realisierst, dass du dessen Geschwindigkeit maßlos überschätzt hast. Natürlich lässt du ihm die Vorfahrt. So schleicht er eben eine Weile vor dir her. In Schlangenlinien.

Dann blinkt er rechts, um nach links abzubiegen. Laut Kennzeichen ist er aus deiner Gegend. Und er ist der letzte, der noch einen Parkplatz beim Zahnarzt bekommt. Der selbe Zahnarzt, zu dem du auch gerade musst.

Du hilfst deinem Nachbarn, seinen neuen Fernseher einzustellen. Du tust das ohne Gegenleistung inmitten seiner nach Pisse stinkenden Wohnstube. Deshalb beeilst du dich, damit deine Klamotten nicht dessen Gestank annehmen.

Tage später gehst du früher ins Bett, weil du am nächsten Morgen einen sehr frühen und wichtigen Termin hast. Aber nachts um halb Eins klingelt und brüllt dich dieser Nachbar aggressiv und unerbittlich aus dem Bett, nur um sich bei dir zu beschweren, dass er jetzt kein Bild mehr in seinem scheiß TV bekommt. Du ziehst dich an und gehst zu ihm, nur um festzustellen, dass er sich auf die Fernbedienung gesetzt und deshalb versehentlich auf „Radio“ umgeschaltet hat.

Ich bin mir sicher, da fallen dir noch mehr Beispiele ein. (Und weit schlimmere.)

Um es kurz zu sagen: Du bist nett zu jemanden und dieser fickt dich.

 

Das Problem mit diesen Fickern

Es gibt solche und solche. Aber es gibt sie überall. Sie sind immer vor Ort, wenn du sie am wenigsten gebrauchen kannst. Sie treten fordernd auf, wollen Hilfe und fallen dir bei nächstbester Gelegenheit in den Rücken.

Alles dreht sich nur um sie. Vor allem alles böse. Oder gar nichts. Bei „gar nichts“ sind es Leute, die nichts mitbekommen.

Die fahren dich um, wenn du über die Straße gehst. Die rempeln dich an, wenn du im Supermarkt an der Kasse stehst. Die husten dich an, wenn du vor ihnen stehst. Und sie bemerken dich nicht. Es sind unachtsame, unaufmerksame Leute.

 

Der Gesellschaft ihr Problem mit dir ist nicht dein Problem mit der Gesellschaft

Original Image by Timothy J. Carroll of Better Inhale Deeply

O.K. Irgendwann willst du nicht mehr nett sein. Wegen dieser Leute. Du bist angefressen und überlegst dir, mal einen Tick rücksichtsloser zu werden. Weil, die andern sind es ja eh. So sparst du Zeit, Energie und Nerven. Fertig.

Warte, noch nicht ganz.

Alle denken so, das ist das Problem der Welt, der Gesellschaft. Die Bösen denken wie die Bösen. Und jene, die mit denen zu tun haben, denken wie jene, die mit denen zu tun haben. Und deshalb bleibt die Welt im Grunde so wie sie ist.

Berüchtigte Verhaltensmuster kehren wieder, die Geschichten ähneln sich. Und Taten wiederholen sich. Der ganze Wahnsinn wiederholt sich. Es ist immer dasselbe… worüber du dich aufregen musst: Und es kommt immer von den selben Leuten.

Diese Leute sehen die Welt nicht als einen Ort, den man bereichern kann, dessen Teil sie sind und wo noch andere Menschen leben. Sondern als eine Art Bring-Gemeinschaft ihnen selbst gegenüber. Das heißt, andere Menschen haben ihnen stets das zu bringen, was ihnen „zusteht“. Gegenüber solchen Leuten hast du immer Schuld, eine Bringschuld eben. Natürlich nur aus deren Sicht. Das erklärt das fordernde und undankbare Auftreten. Das erklärt deren Wahnsinn.

 

No More Mr. Nice Guy

Nie wieder der nette Typ sein? Nicht unbedingt. Aber böse schon. Anders böse.

Denn wenn du nun versuchst, weniger nett, weniger hilfsbereit und weniger empathisch zu werden. Dann wirst du ein Stück mehr wie diese Leute. Nämlich unfähig, sich und andere auf kreative Art zu bereichern. Kurz, das Leben wird sonst erst richtig scheiße.

Du hast oben schon richtig gelesen. Du sollst dich bereichern. Andere aber auch. Beides. Denn Einseitigkeit ist hier genauso eine Sackgasse, wie bei den fordernden Leuten, die immer nur nehmen.

 

Die Resonanz des Wohlwollens

Original Image by cgo2 of The ASW

Auf die für dich richtigen Leute bezogen (ja die gibt es), kannst deine positive Persönlichkeit entfalten.

Ja genau, ignoriere schlechte Menschen wenn du weißt, dass sie schlecht sind oder dein Instinkt es dir sagt.

Halte dich stattdessen an die richtigen Leute. Besser, finde sie. Da erzähl ich dir nichts neues. Und warum das so ist, steht in unzähligen Beiträgen unzähliger Blogs.

Aber — ehrlich und (fast) ohne Eigenlob — wie du das anstellst, dass steht nur hier.

Wenn du ein netter Typ bist, dann bleibe es. Und wenn du nicht mehr nett sein willst, dann tue es mir zu liebe. Oder für Alice Cooper. Or for all ‚Ze‘ Germans.

Fakt ist, du kommst nicht zur Ruhe, zu Reichtum und nicht in den Himmel, nur weil du ein netter Typ bist.

Du erlangst deinen Seelenfrieden, wenn du dir treu bleibst und mit so jemanden wie dich auf ewig leben kannst. Kannst du das?

Hast du Seelenfrieden, brauchst du nicht Tag ein, Tag aus immer nett sein. Du brauchst nur das richtige zu tun. Das richtige für dich und noch jemanden. — Diese Weisheit ist nun nicht von Vince oder einem anderen Philosophen. Das ist von mir, meine Lebenserfahrung. Das ist für dich.

Und das ist der Trick: Du kannst selbst als „Böser“ was richtig Gutes tun, sogar besser als manch „Guter“ es je könnte.

Geklautes musst du weiterentwickeln

Dieses dämonische Grinsen….

Bloßes klauen allein nicht reicht. Nachdem du geklaut hast, geht die Arbeit erst richtig los. Jeder, der ein Motorrad geklaut hat, weiß, dass es dauert, bis die neue Rahmennummer drin ist. Nein. Spaß beiseite. Es geht hier um Inspiration und wie man daraus etwas spannendes entwickeln kann.

Eigentlich braucht sich gar keiner einbilden, dass er der erste und einzige wäre, dem die Ehre gebührt, etwas geschaffen zu haben, was würdig genug erscheint geklaut zu werden. Und wieso? Es war alles schon einmal da. Aber nicht für die Leute, für die du es jetzt klaust. Für die ist es neu. Und nur für die.

 

Ein bisschen Hollywood

Jeder, der sich für Filme interessiert, kennt diesen Effekt, in dem er sich manchmal sagt: „Das kommt mir bekannt vor…. Das habe so ähnlich auch schon im Film … gesehen.“ Oder noch banaler: „Obwohl ich den Film das erste Mal sehe, weiß ich genau, was jetzt kommt… und siehe da!“

Ich glaube, die besten Déjà-vus haben wir beim Filme gucken. Merkwürdigerweise auch und vor allem bei neuen Filmen. Das kommt daher, dass Hollywood nicht unbedingt bekannt für seinen Mut zu originellen Ideen ist. Die nehmen halt, was sich bewährt hat, was der Studio-Boss irgendwie kennt (und deshalb sehen will).

Allerdings gibt es Filme, wo dies trotz allem in sehenswerter, dramaturgisch interessanter und vor allem auf neue Art gemacht wurde. Da kann man nicht mehr so einfach von ‚klauen‘ reden. Sondern von einer Weiterentwicklung von Genre-typischen Stilmitteln. Beispiel:

In The Shining lässt Regisseur Stanley Kubrick den Hotelkoch (Scatman Crothers) zur Mutter (Shelley Duvall) eines kleinen Jungen (Danny Lloyd) reden. Der Koch spricht in der Sequenz ununterbrochen zur Mutter. Während er ihr natürlich in die Augen sieht. Er erklärt der Mutter technische und organisatorische Abläufe des Hotels.

Aber aus Sicht des kleinen Jungen wendet sich der Koch während des Gespräches und während er noch zur Mutter spricht, also parallel kurz lächelnd zum Jungen und fragt, ob er ‚ein Eis‘ essen will. Kubricks erwünschte Wirkung war „Unheimlich“.

Die geklaute, aber weiterentwickelte Variante dieser Szene als Stilmittel gab es in The Devil’s Advocate von Regisseur Taylor Hackford.

Die Anwaltsehefrau Mary Ann (Charlize Theron), neu in NYC, geht mit zwei Ehefrauen (Debra Monk, Tamara Tunie) von Kanzlei-Partnern zum Shopping in eine Boutique. Sie probieren Kleider an, freuen sich wie toll sie damit aussehen. Der Verkäufer steht daneben, der Laden ist voll. Während dessen, also während der Begutachtung (oder Anprobe) der Fummel erfolgt nur aus der Sicht von Mary Ann eine nur Sekunden währende Verwandlung der beiden anderen Ehefrauen (per Morphing) in Dämonenfratzen, untermalt mit grunzenden Geräuschen. Der Effekt ist der selbe wie in The Shining, aber weiterentwickelt und daher „neu“. Neu für den Zuschauer dieses Films.

 

Ich mach das jetzt auch mal

Diesen Effekt des Unheimlichen kann man vereinzelt auch mit geschriebenen Worten, also auch fürs Bloggen benutzen.

Allerdings ist es schwierig und es wird auf seine Art wieder anders ausgeführt. Ich versuche das jetzt mit nur einem einzigen Absatz, den ich mal stilecht in Blutrot schreibe (Erklärung und eine kleine Entschuldigung, falls es daneben geht folgt):

Während du das hier liest, überlegst du dir vielleicht, wie du dies auf deine Weise anwenden könntest. Dann ist es nicht unheimlich, sondern unheimlich praktisch. Da ich aber weiß, dass du schon öfters nach diesem Beitrag hier gesucht hast und ich jedes Mal enttäuscht war, dass du nur auf die Zitate-Seite von Onkel Pablo weiter klicken wolltest, interessiert es dich vielleicht doch noch, was ich hier schreibe. Lies ruhig weiter:

Die Erklärung: Du fühlst dich gar nicht angesprochen, weil du entgegen meiner Behauptung oben nichts von dem je getan oder auch nur gedacht hast. Es ist unwahr. Somit kommt der obige Absatz bei dir wie eine falsche Beschuldigung an. Du denkst bestimmt: „Was erlaubt sich dieser Finsterwalder!?“ oder besser: „Was schreibt der da??“ Oder schlimmer: „Aus! Diesen Scheiß-Blog lese ich nie wieder!“ — Und ich bitte dich um Entschuldigung. Aber das Drama funktioniert…

 

…falls sich doch jemand angesprochen fühlt.

Nicht du, aber jemand anderes, ein anderer geschätzter Leser. Der Grund ist, dass der genannte Beitrag „Wie man richtig klaut“ der am meisten gesuchte Artikel dieses Blogs ist. Und da ich in WordPress sehen kann, was mit welchen Begriffen wie oft gesucht wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das sich eben doch jemand angesprochen fühlt. Und bei denjenigen, auf dem das zutrifft, für den ist es in der Tat unheimlich, den roten Absatz hier plötzlich zu lesen.

Dieser Beitrag ist dir gewidmet. Egal, ob du ein Fan des professionellen Klauens bist oder nicht. Und das war es auch schon mit meinem Ausflug in die Grusel-Ecke.

Denn wer sich gruseln will, der kauft ein Buch von Stephen King. Oder er säuft einen kompletten Monat durch, um danach abrupt nüchtern zu werden. Oder in der Wirkung auf das Angstzentrum im Gehirn effektiver als King und Alkoholentzug zusammen: Eine DVD von Heino kaufen. Und ansehen. Nüchtern.

Was ich sagen wollte, ist, dass alles, was du aufgreifst, Arbeit benötigt. Es braucht deinen Einfluss, deine Persönlichkeit, deinen Spirit. Das Geklaute muss durch deine Umarbeit, dein ‚Tuning‘ zu dein Eigentum werden. Und somit wird es das deiner Leute, die du damit beglücken wirst. Am besten geht es, wenn du dir was suchst, wo du schon siehst (ahnst), dass du es sein wirst, der es am besten weiterentwickeln kann. Dann nimm es und hol raus, was irgendwie rauszuholen ist.