Wie ein Schluck Essig aus der Pulle

Du kennst bestimmt diese Art von Menschen, von denen du bereits beleidigt bist, wenn du sie nur siehst. Oder wenn du hörst, wie die Sprechen — besonders wenn sie ‚Sprecher‘ sind. Oder jene jungen Frauen, die einen auf Oma machen und so altbacken gekleidet sind, dass denen die Motten in Formation aus dem Rock fliegen.

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Du kennst vielleicht auch diese Leute, bei denen dir eine Mischung aus Verwunderung und Grusel überkommt, wenn du siehst, wie hässlich die aussehen. Ich meine hiermit jene, die mehr aus sich machen könnten. Entweder durch ihre natürliche Schönheit. Oder durch Geld. Oder beides.

Der Geschmack der Deutschen ist – diplomatisch ausgedrückt – sehr ‚homogen‘.

Ästhetik ist hierzulande auf wundersame Art stark vereinheitlicht. Ästhetik bedeutet nicht Schönheit oder Formvollendung. Sondern nur, ob und wie man diese wahrnimmt. Ästhetik heißt also nur, ob und wie „schön“, „geschmackvoll“ oder „angenehm“ man Dinge wahrnimmt. Ein anderes Wort für Ästhetik wäre Geschmack(sache).

Geschmack ist wie Humor. Man muss es in ähnlicher Form selber haben, um es wahrnehmen zu können.

Beides war noch nie ein Ding der Deutschen. Und falls Ästhetik (wie Humor) für einen Deutschen – gezwungenermaßen – mal doch wichtig sein sollte, dann flieht derjenige entweder ins Ausland oder holt es sich von dort.

Und wenn wir schon ‚im Ausland‘ sind: Da ich früher viel gereist bin, habe ich mitbekommen, dass verschiedene Länder eben auch verschiedenen Wahrnehmungen von Ästhetik (wie auch von Humor) haben. An jene der englischsprachigen Länder habe ich mich auf meinen ersten Begegnungen schnell gewöhnt.

Ein Satz den Deutsche im Gespräch von beispielsweise Engländern häufig hören ist: „This is a joke!“. Warum? Weil ein Witz gemacht wird und der Deutsche als einziger dabei keine Miene verzieht… oder verwundert guckt, weil er in Gedanken noch versucht, das Gesagte einzuordnen, statt darüber zu lachen. Weil er es wörtlich nimmt.

Wenn ein Amerikaner dir eine besonders vollmundige „Versprechung“ macht, dann ist das (meist) kein Versprechen. Sondern ein persönlicher Witz, der das Miteinander erleichtern und Vertrauen schaffen soll. Kein Witz. Dessen „Versprechen“ sagt nichts weiter als: „Ich verstehe dich.“; „Wir ticken ähnlich.“; „Ich weiß, was dich beschäftigt.“; „Ich habe dich durchschaut.“; Das vollmundige als Übertreibung unterstreicht dies auf humorvolle Art. – Ein Deutscher nimmt auch hier alles wörtlich. Und ist eventuell frustriert, weil er (vergeblich) auf die Einhaltung des Versprechens wartet, da er den Humor der Leute nicht hat (oder kennt).

Natürlich machen Amis auch echte Versprechen. Und da hilft es die Nuancen zu erkennen: Ernster, sachlicher Ausdruck. Genaue Daten oder Bedingungen. Wiederholung oder Betonung der Dringlichkeit.

Bei den Franzosen liegt der Humor eher in der Gestik zusammen mit einer subtilen Wortwahl. Die Ästhetik ist allgegenwärtig und häufig extravagant. Aber jetzt reicht es. Gehen wir zurück nach Deutschland.

Im Norden und im Rheinland gibt es eine eine brachialere Art des Humors als im Osten oder Neu Syrien. Mit der Ästhetik ist es fast wieder umgekehrt. Allerdings wirkt dies – zumindest auf mich – noch plastischer, wenn man von einer Auslandsreise zurück kommt.

Schon diese Typen am Flughafen, deren extrem harte Sprache, ihre grimmigen Gesichter, die Fisuren etc. All das verstört mich. In den ersten Momenten sieht für mich fast jeder Deutsche wie Thomas de Maizière aus. Der wirkt auf mich jedes Mal wie ein Schluck Essig direkt aus der Pulle. Irgendwie widerlich. — Nicht alle sind so, aber zu viele.

Oder sieh dir mal den neuen Zuchtmeister von VW, Alexander Dobrindt, an. Innere Werte gibt’s bei dem genauso wenig wie Wahrhaftigkeit oder gar Logik. Und außerdem: Jeder Leistungssportler ist redegewandter und kein Trauerspiel rührt mich mehr zu Tränen als der.

Und die Frauen? Die meisten deutschen Frauen wirken älter als sie sind. Die sehen aus, als ob sie den ganzen Tag den Keller ausgefegt haben, um ihren Mann zu entgehen und zum Dank von wollustigen Kakerlaken angegriffen wurden, bevor sie zur Beerdigung gehen. Die wirken eher praktisch oder doktorhaft (kalt) als ansehnlich, eher derb und schweine-artig (solarium-gebraten, ungepflegt) als weiblich, eher sauer als süß. — Nicht alle sind so, aber zu viele. Und das, obwohl die anders könnten. Denn natürliche Schönheit mit entsprechendem Potential ist bei denen durchaus vorhanden.

Gut, bei Andrea Sawatzki und Günther Jauch mache ich mir keine Hoffnungen. Die können nichts für ihr Aussehen. Was mich aber wundert, ist, dass solche Figuren nur in Deutschland beliebt beim anderen Geschlecht sind. Die beiden würde ich nicht mal als Vogelscheuchen in den Garten stellen. Da blieben nicht nur die Vögel fern, sondern auch gleich alle Pflanzen, Insekten und Würmer.

So, jetzt kommt’s: Humor und Ästhetik hängen mit Kreativität zusammmen.

Die meisten kreativen Prozesse entstehen im Vereinen von Widersprüchen, im Kombinieren von Dingen, die bisher so nicht zusammen gehörten. Kleine Details und Feinheiten spielen dabei eine große Rolle. Dies zu erkennen bedeutet einen Sinn für Ästhetik zu haben. Oder für Humor und Witz. Und wer damit Kunst erschafft, auch und gerade in kommerzieller Form, der muss sich trauen, das Erkannte (Ästhetik, Witz, Humor) in neuer Form für andere als Mehrwert deutlich zu machen.

Man sagt, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Man sagt auch, Schönheit liegt in den Augen des Betrachters. Das heißt manchmal, dass man Humor und Schönheit dort erkennt, wo es nicht beabsichtigt ist und es dafür eigentlich auch keinen offiziellen Grund gibt. Die Absicht kommt nur von dir. Und deine Absicht ist schon mal ein Grund.