
Seit zwei Jahren blogge ich hier – trotz begrenzter Zeit – regelmäßig. Das ist mit fast 600 Beiträgen eine Menge Holz und zeitlich in der Online-Welt eine Ewigkeit. Mit anderen Worten, Internetjahre sind wie Hundejahre.
Die Dinge sind nicht mehr so, wie sie waren. Also ändert sich so nach und nach auch hier einiges. Und ankündigen werde ich auch nur noch, wenn etwas unmittelbar bevor steht.
Warum? Nicht alles muss auch genau so eintreten, wie ich es mir vorstelle oder ankündige. So erlaube ich mir mehr Flexibilität.
So kann man schneller reagieren, korrigieren und navigieren. Außerdem kann ich inhaltlich freier, ungezwungener und ungehemmter sein. Das bedeutet, ich fühle mich nicht mehr gedrängt auf Teufel komm raus, jemand anderen (z.B. einen möglicherweise soziopathischen Blogger) in den Arsch zu kriechen, um an Leser zu kommen. Denn das ist es, was in Deutschland Gang und gäbe ist und was mich an meiner eigenen Arbeit am meisten nervt. Es ist sinnlos. Und ich habe was besseres vor… aber das ist ein anderes Thema.
Man ist befangen und unfrei, die Sau endlich mal raus zu lassen. Und der Leser kommt zu kurz. Der eigentliche Nutzen für alle Beteiligten wird nicht mehr, sondern weniger, weil man sich kompromittiert, verbiegt und verwässert. Und das will keiner. Und ich will nicht, dass mir eine Arbeit nervt, die gleichzeitig wenig bewirkt. So fange ich gleich mit dem Blog hier an:
Ab diesem Beitrag betreibe ich ‚Downsizing‘. Statt drei Mal wöchentlich, veröffentliche ich jetzt nur noch ein Mal die Woche einen Beitrag. Immer Montags. Regelmäßig. Das heißt, der nächste Beitrag kommt dann am 10. August, dann wieder am 17. und so weiter.
Warum tue ich das?
Zu oft werden Beiträge übergangen oder nicht gelesen, wenn sie in ‚hoher Taktfolge‘ erscheinen. Es gibt höchstens mehr Traffic (Leute, die vielleicht die Überschrift lesen und wieder verschwinden). Aber reiner Traffic nützt weder dir noch mir etwas. Außerdem will ich dir bessere Beiträge bieten, statt Masse. Und wenn ich Beiträge schreiben muss, nur der Beiträge wegen, dann muss ich in thematisch in die Breite gehen und irgendwann über Kraut und Rüben schreiben.
Vor allem will ich die Inhalte mehr fokussieren. Worauf? Daran arbeite ich gerade noch. Das heißt, ich bin momentan dabei, mit Bedacht eine leichte Kurskorrektur vorzunehmen. Was es genau sein wird, verrate ich, wenn es soweit ist. Ich will ja, dass es spannend bleibt. Warte einfach auf die nächsten Beiträge….
Und mit diesem Beitrag schalte ich auch noch die Kommentarfunktion komplett ab.
Das klingt vielleicht harsch. Aber du kannst mich auch weiterhin jederzeit persönlich erreichen, egal ob du mir einen Vorschlag machen, mir eine knifflige Frage stellen oder einfach nur „Danke“ sagen willst. Genau so, wie es die meisten Leser machen, unter der Email-Adresse: lutz@klokain-kartell.org
Die Gründe erkläre ich dir hier:
Die Zeiten, wo man als Blogger eine echte Verbindung zu Lesern und umgekehrt als Leser zum Blogger eine Verbindung über Kommentare aufbauen konnte, diese Zeiten sind eigentlich schon seit den 2000er Jahren vorbei. Ebenso die organisch über echte Diskussionen aufgebauten Communities. Das war mal. Das funktioniert nicht mehr.
Heute gibt es fast nur noch auf zumeist etablierten, das heißt alten Blogs oder mit einem Marketingbudget von, sagen wir 85.000 Euro, Kommentare. Einzelne Autoren können und sollten da nicht versuchen, mitzuhalten. Früher haben sich Blog-Kommentatoren noch gegenseitig wahrgenommen und untereinander Beziehungen aufgebaut. Heute macht jeder sein Häufchen, und weg ist er wieder. Bei den Deutschen ist dieses vereinzelt-egomanische noch ausgeprägter als im Rest der Welt. Und es wird schlimmer.
Dazu gibt es heute einfach zu viel im Internet. Und die Gewohnheiten des Konsums von Inhalten (z.B. über Smartphones) haben sich extrem geändert.
Ich breche mir auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich sage, dass viele meiner besten Beiträge unkommentiert blieben, dafür aber Unmengen von unqualifizierten Blödsinn und Spam zu löschen war.
Kommentare – oder besser die Anzahl der Kommentare – werden fälschlicherweise nur noch als Währung wahrgenommen, die einen Beitrag im Sinne von ‚Social Proof‘ scheinbar aufwerten. Frei nach dem Motto: Nur der Blog oder Beitrag, der brechend voll mit Kommentaren ist, ist es wert gelesen zu werden. Man beurteilt die Qualität oder die Relevanz des Inhaltes nach der Anzahl der Kommentare. Es wird angenommen, dass „je mehr Kommentare unter einem Beitrag stehen, desto besser ist dieser Beitrag“.
Das ist Absurd und leider ein weit verbreiteter Irrtum, obwohl einige genau diesen Irrsinn immer noch verbreiten und andere (neue) Blogger mit genau dieser Irrlehre in die Verzweiflung treiben. Ich habe nichts gegen Blogger, die Kommentare wünschen. Ich habe aber etwas gegen die verzerrte Wahrnehmung, dass man Kommentare haben „muss“, um als Blogger für voll genommen zu werden.
Gerade bei meinen beliebtesten Beiträgen, wovon viele eben keine Kommentare haben, merkte ich, dass dies meine Stammleser stört oder verwundert. Denn nicht jeder interessierte Leser hat immer auch gleich eine Antwort in Form eines Kommentars parat. Die heutige Situation im Internet ist so, dass nur ein sehr kleiner Teil der Leser, also im Promille-Bereich, noch bereit ist, zu kommentieren.
Im Idealfall war es so, dass Leser durch Kommentare eine Beziehung zum Blogger aufbauten und ihre Zustimmung oder Anerkennung zum Ausdruck brachten. Oder Dankbarkeit. Aber wie oft würdest du mir zustimmen und danken wollen? Eben. Um das hinzukriegen braucht es für dich und mich (zumindest hier) keine Kommentarfunktion. Ich kriege dich schon, wenn ich will. Und du weißt, wie du mich kriegst, wenn du willst.
Nahezu jeder Blogger giert nach möglichst vielen Kommentaren unter seinen Beiträgen. Das merkt man schon an den Beiträgen, die so geschrieben sind, nur um Kommentare zu erzeugen. Zum Beispiel mit Fragen am Ende. Ich will das die Beiträge für dich zu 100% lesbar sind.
Ich tue es für dich.
Denn ich will nicht, dass du einen richtig geilen, nützlichen oder lustigen Beitrag nur deshalb ablehnst, weil dort keine Kommentare darunter stehen. Mein Gott, was für eine Verschwendung! Daher gebe ich dir – und nur dir – die volle Macht darüber, zu entscheiden, welcher Beitrag für dich lesenswert ist. Seth Godin sagte mal in einem Interview, dass Kommentare keine besseren Blogger machen und die Leser weder inspirierter noch klüger machen. Im Gegenteil.
Ich hasse es, deine wertvolle Zeit dafür zu opfern, dass du Beiträge liest, die dich letzten Endes nur dazu manipulieren, einen Kommentar zu schreiben. Dazu müsste ich dir unter anderem Fragen stellen, statt wertvollen Inhalt zu liefern, mit dem du auch was anfangen kannst.
Ich will meine Zeit dazu nutzen, für dich als Leser zu schreiben statt dich, als Kommentar-Vieh auszunutzen. — Letzteres, nur um ganz Deutschland, Österreich und den deutschsprachigen Teil der Schweiz zu zeigen, dass ganz Deutschland, Österreich und der deutschsprachige Teil der Schweiz den Beitrag liest. Das ist so, als wenn Sergio Marchionne sagt: „Hey, ich weiß jetzt, wie wir mit FIAT-Autos wieder gegen VW & Co. antreten können. Wir lackieren nur noch in Rot, erhöhen die Preise um 15% und vemarkten einfach all unsere Modelle millionenfach als Ferrari.“ Die angestammten Ferrari-Kunden werden sich „freuen“. (Obwohl… bei Marchionne weiß man nie.)
Ehrlich, mir ist es lieber, wenn nur ein kleiner Zirkel, ein harter Kern von waschechten Leuten den Beitrag liest, die aus dem richtigen Holz geschnitzt sind, weil sie was mitnehmen können, sich und andere damit inspirieren, helfen, ermuntern oder zum grunzen oder zum lachen bringen können. (Und weil ich dich irgendwann auf Klokain bringen will. Klar. Aber nicht wie Marchionne. Aber das ist eine andere Geschichte.)
Ich will keinen Kommentar von dir, nur weil du das komische Gefühl hast, dass du kommentieren solltest. Im Sinne von mich „zu bezahlen“. Du zahlst schon mit deiner Zeit, deinem Interesse und deinem Vertrauen. – Was ich nie und nimmer als gegeben oder selbstverständlich ansehe.
So, jetzt werden wir sehen, wie es hier weiter geht. Und falls du selber einen Blog betreibst, den du gern kommentiert haben möchtest, dann mache es so. (Und gib mir Bescheid, damit ich bei dir lesen und kommentieren kann.) Es funktioniert vielleicht für dich ganz gut und bringt deinen Blog voran. Aber nicht den hier.
(Danke Bernadette.)
Image by Nolievr.
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