Als ich vor Jahren langsam erwachsen wurde, so Anfang 40, da merkte ich, dass, wenn ich eine wichtige Entscheidung treffe, es kein Zurück mehr gibt. Variationen, Änderungen und Korrekturen wird es geben. Aber kein Zurück.
Einmal Bösewicht, immer Bösewicht
Ich versuchte gewisse Dinge, die ich in anderen Ländern erlebt und gesehen habe (ich habe mir Möglichkeiten gesucht, zeitweise „international zu arbeiten“), hier auszuprobieren. Die enorme Flexibilität und das freie Denken, die ich von woanders her kenne waren hier nicht mehr möglich.
Wenn man ein Unternehmen gründen will, dann wird man in D. schief angeschaut statt unterstützt. Hier ist jeder gegen jeden, hier halten sich die Leute aufgrund einer Art von Futterneid und Willkür gegenseitig klein.
Zudem musste ich mir bei jeder Einreise nach D. wieder diese mürrische Art der deutschen angewöhnen: Nicht jeden freundlich grüßen aber immer anglotzen, Humor vermeiden, da alles wörtlich genommen wird. Auf unauffällige Kleidung, schlechte Frisur und Körpersprache achten (debiler, ernster auftreten, um nicht als bekloppt zu gelten). Und und und. – Was in vielen Ländern als normal angesehen wird, das gilt hier nach wie vor als verrückt und naiv. Und genauso kam ich mir auch vor.
Lange Zeit hatte ich vor, auszuwandern, habe mir Anträge und Formulare dafür besorgt. Doch ich bemerkte schnell, dass ich gewisse Voraussetzungen nicht erfüllte (Prominenz, Qualifikation, Kapital, Verwandtschaft, Alter usw.) Zudem hatte ich nicht nur kein eigenes Geld mehr, sondern auch noch eine Bürgschaft abzustottern, die ich für meinen Vater unterschrieb. Mein Bruder und meine Mutter ebenfalls. (Der Familienbetrieb, ein Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb, den wir für unseren Vater zu retten versuchten ging letztlich mit über 2,5 Millionen Euro Schulden Ende der Neunziger pleite, weil er das Geld wiederholt in undurchsichtige „Geschäfte“ versenkte.)
Du kannst dir sicher vorstellen, dass man bald keine Freunde mehr hat, wenn der eigene Vater (lebt seit 1999 in Moskau) von denen oder deren Familien und Bekannten sich Geld leiht ohne es jemals zurück zu zahlen. Meine deutschen Bekannten und „Freunde“ schrumpften daher auf eine überschaubare Zahl.
Ich verbrachte Jahre, um Deutschland wieder irgendwie ‚toll‘ zu finden, boykottierte aber die einheimischen Medien. Alte Kontakte zu reanimieren gelang mir nicht wirklich, da ich viel Geld verdienen musste. Nicht für mich (siehe oben), sondern für Bürgschaften. Eine Privatinsolvenz kam nicht in Frage, da ich nach deutschem Gesetz dann kein Unternehmen gründen dürfte. Außerdem wollte ich mich nicht über die Familienangelegenheiten aushorchen lassen. Ich begann paradoxerweise von selber aus jeden Kontakt zu vermeiden, der nichts mit Geld verdienen zu tun hatte.
Womit verdiente ich das ganze Geld? Und habe ich es geschafft Schuldenfrei zu werden?
Ich ging aufs Ganze und fing an, als ehemaliger Fleischer (!) Designstudien für die Autoindustrie zu entwerfen. Die Presse war entzückt, die Autobranche weniger.

Ich brachte mir das Arbeiten mit komplexen Konstruktionssystemen größtenteils selber bei und entwickelte eigene Design-Studien. Ich war 2001 Designer des Jahres und hielt noch im selben Jahr einen Vortrag über die Zukunft des Autodesigns bei einer Industrie-Fachtagung in Los Angeles. Ich arbeitete in Deutschland, Frankreich und den USA. Aber anders als man sich das als Branchenfremder vorstellt.
Statt nun Produkte wie z.B. Autos zu entwerfen, ging ich zum Software-Consulting über. Meine eigenen Prototypen halfen mir dabei Kunden unter den Zulieferern zu gewinnen. Nur dort konnte ich auf pragmatische Weise genug Geld verdienen, um sämtliche Gläubiger und Geier aus zu bezahlen. Als reiner Designer würde ich bis heute darauf warten. (Die wollen, dass man erst einmal umsonst arbeitet. Und als Angestellter braucht man einen akademischen Grad von genau den Universitäten oder Schulen, die von den jeweiligen Konzernen gesponsert werden.)
Es kam schließlich so, dass ich innerhalb von 8 Jahren das gröbste hinter mir hatte und langsam einen Cash Flow generierte, um meine (dadurch entstandenen) laufenden Betriebskosten von ca. €2.800 monatlich zu decken. Auch davon wollte ich weg. Es dauerte nur seine Zeit, da ich Verträge (laufende Aufträge, Software-Leasing, Mieten etc.) hatte und nur nach und nach da raus kam. Systematisch eben. Mein Auto habe ich auch verkauft und mit dem Zigaretten rauchen aufgehört, mich auf ein Minimum an Lebenshaltungskosten reduziert.
Ich wurde zum Leonardo Zweghini, einer Mischung aus Leonardo Da Vinci und Peter Zwegat.
2013 bin ich bei Null angekommen und konnte bisher davon leben, Programme zu übersetzen, Schulungen zu geben und einige Logos für Firmen zu designen. Nur steht der (zeitliche) Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. Es ist oftmals Plus minus Null. Und man jagt Aufträgen und Bewerbungsgesprächen hinterher, um keine Leerzeiten zu haben.
Daher wage ich mit dem Klokain-Kartell wieder etwas völlig neues, etwas, das verrückt genug ist, um andere (potentiell) Verrückte ebenfalls Mut zu machen und zu inspirieren. Und vor allem, [vielleicht Dir oder] jemand interessierten zu zeigen, dass Talent und Potential in jedem von uns steckt.
Vor 2 Jahren habe ich mich entschlossen, noch einmal neu anzufangen. Völlig ohne Startkapital, ohne Connections, ohne Banken und ohne Investoren, die einen reinreden. Ich habe meine eigene Zeit statt Geld in mein Konzept und diesen Blog investiert. Es soll Studenten geben, die mehr Geld haben als ich. Auch deshalb konnte, besser musste, ich mir einen Webprogrammierer, Blogger-Kurse, Coachings oder komplexe Marketing-Spielereien sparen. Allein schon zeitlich.
Ich habe dadurch vielleicht weniger Leser, Kommentare und Backlinks in knapp 2 Jahren geschafft als andere Blogs in 2 Monaten. Aber ich habe bessere, individuellere Leser, was dieses Blog zu einem Insider-Tip macht.
Jede Situation kann bewältigt werden. Immer. Womit? Mit Mumm und Ausdauer. Und hin und wieder einer kleinen Kurskorrektur. Aber davon später…
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