Auf der einen Seite gibt es Bars in denen der Whisky verwässert um dann vom Barkeeper mit Messbechern und zittriger Hand auf den Strich genau eingeschenkt wird. In so eine Spelunke gehe ich nie wieder. Oder es gibt Webdesigner, die genaue Kundenvorgaben unvollständig oder völlig anders umsetzen, nur um danach noch einmal Geld für die beim ersten Anlauf nicht verstandenen „Änderungswünsche“ zu verlangen. Um das nicht noch einmal zu erleben, lerne ich eben selbst zu programmieren und falle für jeden anderen – guten – Webdesigner als Kunde weg.
Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die ein Schnäppchen um „jeden Preis“ bekommen wollen. Diesen „Preis“ bezahlen sie langfristig, da das gewünschte eben doch seinen Preis hat. Oder es gibt jene, die nach intensivster Beratung schließlich etwas kaufen, nur um es kurze Zeit wieder zu reklamieren, weil sie es woanders vielleicht ein paar Cent günstiger gesehen haben. (Zum Beispiel auf Idealo.)
Solche Kunden bescheißen sowohl den Händler als auch sich selbst (und umgekehrt). Dann entsteht eine Art Bescheißer-Karma oder es tritt der Schnäppchen-Fluch in Kraft. Mit diesem Gehabe und Gelinke kann man sein Leben, also seine wertvolle Zeit verbringen. Und das Leben und die Zeit der anderen.
Sehr viele Händler sind diese Billigheimer und sich beraten lassende Onlinekäufer schon gewohnt und bieten deshalb gar keine richtige Qualität mehr an. Jedenfalls nicht sichtbar. Die Beratung ist dann automatisch genauso mangelhaft wie die damit vertrieben Produkte.
Wenn ich Qualität will, sehe ich mich beispielsweise oft gezwungen, extra 90 oder 100km nach Berlin zu fahren. Also in die Gegenden, wo wohlhabende Leute leben und einkaufen. Eigentlich habe ich keine Lust zu derartigen Einkaufstouren, insbesondere weil es Händler für fast alles auch bei mir hier um die Ecke gibt. Selbst die guten Sachen bekomme ich auch hier in unserem Ort. Hier will ich es aber nicht kaufen.
Das Problem: Aufgrund fehlender Erfahrung oder nicht ausreichender Praxis mit anspruchsvollen Kunden stellen sich die lokalen Händler eben auf das Kaufverhalten der Billigheimer, besser Abgreifer, ein.
Letzteres kann zu Missverständnissen mit genau den Kunden führen, die bereit sind, für Qualität zu zahlen anstatt über die „unverschämten Preise“ zu meckern. Auf die besseren Kunden und deren Sonderwünsche und erwartbaren Extra-Service sind viele stationäre Händler somit gar nicht mehr eingestellt und daher schnell überfordert – obwohl man eigentlich das gewünschte im Programm hat und auch liefern könnte.
Kurz: Man frühstückt den Kunden von vornherein mit etwas billigem ab, anstatt seinen eigentlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. In so einer Situation fühlt sich dann der anspruchsvolle Kunde beschissen. Ganz einfach, weil er sich wundert oder enttäuscht ist, dass man ihm nichts besseres hat anbieten können, denn er wäre ja bereit, entsprechend gut zu zahlen. Aber davon geht der Händler in vielen Fällen gar nicht mehr nicht mehr aus.
Als Ergebnis ist der anspruchsvolle (und gut zahlende) Kunde frustriert und der Händler kleinbürgerlich beleidigt, weil eben jener Kunde bei ihm nicht weiter und (billig) kauft. Und mit Sonderangeboten kann man qualitätsorientierte Kunden nicht locken, was viele örtliche Händler wiederum nicht kapieren.
Wer bescheißt, der rechnet automatisch schon damit, dass er selbst beschissen wird. Das heißt, wer bescheißt, der misstraut. Und Misstrauen ist heutzutage Gift für jeden, der langfristig gute Geschäfte machen will. Ehrlich.
Aber kann ich als gut zahlender Kunde nicht gleich online, also im Internet, das bestellen, was ich brauche? Ja, Gott sei Dank. Aber eben doch nicht alles. Denn ich habe noch 2 Beispiele, die schon einige Jahre zurück liegen:
Beschädigte Ware
Ein Bekannter von mir aus Berlin hat sich bei einem Mercedes-Händler von außerhalb einen C 63 AMG für ca. €120.000 bestellt. Neu. Obwohl dieser Händler vom Berliner Stadtrand über 160km entfernt war, versprach er, sich um alles zu kümmern. Mein Bekannter bestellte bei diesem Händler, weil er über ein Online-Portal dort etwas mehr Rabatt bekam. Das ist sein gutes Recht. Jeder kann wählen, wo oder bei wem er kauft.
Kurz vor der Lieferung fragte ich ihn, warum er den teuren Wagen nicht selbst im Werk abholt. Er sagte, er habe dazu weder Zeit noch Lust. Der Händler soll sich doch gefälligst darum kümmern und den Karren ranschaffen, er bekommt ja genug Geld dafür. So (hochfahrend) zu denken ist ebenfalls sein gutes Recht, aber nicht wenn sich der Händler in einem Ort mit weniger als 30.000 Einwohnern befindet. Was geschah?
Es ist genau das passiert, wovor ich meinen Bekannten gewarnt hatte. Und das war ein starkes, unbehagliches Misstrauen zwischen ihm und den Händler.
Tatsache ist, dass der dann pünktlich auf einem Anhänger bis vor die Haustüre gelieferte Wagen bereits kleine Gebrauchsspuren an den Bremsen, hinteren Rädern und Radläufen (Steinschlag) aufwies und fast 70km auf dem Tacho hatte. Der Verkäufer meinte, dass dies bei AMG-Modellen „so üblich sei, da diese schon ab Werk eine gewisse Strecke gefahren, also getestet und anschließend für die Auslieferung freigegeben“ würden.
Ich vermute (und das ist nur meine Vermutung und auch die meines Bekannten), dass bei diesem Fachhändler jeder von den an 4-Zylinder-Diesel-gelangweilten Schlosserlehrlingen die seltene Chance ergrifff und eben schnell noch mal ran wollte an die heiße (und sicher noch nicht warm gefahrene) AMG-Nutte….
Mein Eindruck ist nun, dass mit einem Händler in Berlin, Hamburg oder München, der es gewohnt ist, jeden Tag teils noch teurere Autos zu verkaufen, so ein Misstrauen wohl nie aufgekommen wäre.
Der Tierfreund
Vor Jahren gab es bei uns im Ort (mit knapp 10.000 Einwohnern) einen alten Tierarzt, der inzwischen verstorben ist, aber immer gerammelt voll und alles andere als billig war. Auf dem Parkplatz sah man an den Kennzeichen der teuren Autos, dass fast alle aus Berlin kamen.
Von insgesamt 3 Veterinären hier im Ort war bei keinem so ein großer Andrang, wie bei dem „alten“ und wenn, dann waren nur Ortsansässige bei den beiden anderen Tierärzten Kunde (oder Tierpatient). Warum? Weil sie billiger waren? Vielleicht.
Eines war klar. Der alte Tierarzt war ein kompromissloser Tierliebhaber und nahm sich sehr viel Zeit für jedes einzelne der Geschöpfe. Darauf legt hier in der Gegend keiner so viel Wert. Üblicherweise. Aber er war da ganz anders als seine üblichen Kollegen.
Da ich seinerzeit gegenüber diesem Tierarzt eine Kneipe betrieb, hatte ich einiges davon mitbekommen, da Kunden, die während einer Operation warten mussten, zu mir herüber kamen und ihn in den höchsten Tönen lobten. Fast so, als wäre er eine Art Magier und Tierflüsterer in in einem.
Der Tierarzt redete viel mit den Tierhaltern (und den Tieren). Und er wurde mit der Zeit bekannt für seine authentische und fast übertriebene Fürsorge den Tieren gegenüber. Diese Besonderheit sprach sich mit der Zeit herum, und zwar so weit, bis Prominente (bekannte Schauspieler, Modemacher etc.) Termine machten und extra so weit fuhren. Einer nach den anderen. Kein Witz, ich habe gesehen, wer da alles immer wieder kam. (Selbst ich habe von seinen illustren Kunden/Patienten profitiert.)
Kurz: Es liegt am Händler, was für Kunden er haben will oder welcher Kunde ihm vertrauen schenkt. In Wahrheit ist es dann egal, in welchem Ort er sich befindet.