Jetzt kommt’s dicke: Expertentips sind häufig praxisfremde Theorie. Sie versprechen eine bequeme Möglichkeit der schmerzfreien Lösung unserer Probleme. Man lässt den Ratgeber raten. Das ist wie Probleme lösen unter Betäubung.
Wer betäubt ist, der hat nämlich kein Gefühl mehr. Das erschwert jede Problemlösung, indem es nicht die Lösung, sondern die Suche nach weiteren Ratgebern zur Angewohnheit macht.
Aus Sicht des Experten sind seine Theorien natürlich Praxis, weil er sie erlebt hat. Und wenn er aus seiner Sicht Theorien hat, und ein guter Experte ist, dann nennt er es auch so: Eine Theorie. Und diese Theorie entstammt wiederum seiner Praxis, also seiner echten Expertise.
Warum ist das so?
In den meisten Fällen werden Expertentips nur halb verstanden. Gerade dann, wenn sie gut sind. Probleme haben immer viele Ähnlichkeiten, genauso wie deren Lösungsansätze. Das macht sie universell und erklärbar. Aber jedes Problem ist ein Unikat. Denn ein Problem, wie du es vielleicht hast, hat keiner weiter in dieser Art. Jedenfalls nicht so eins wie deines. Dein eigenes Problem sieht so aus, und der Expertenrat sieht anders aus. Obwohl er eigentlich dasselbe meint.
Erst wenn man selber – ohne diese Expertentips – das Problem durchlebt, an dessen Lösung gearbeitet und einen gangbaren Weg gefunden hat, werden sie richtig verstanden. Warum? Weil dies die andere, fehlende und entscheidene Hälfte ist. Und das ist die Hälfte, die noch nicht verstanden wurde. Da hilft auch kein neuer „ultimativer“ Ratgeber weiter.
Wann nützen dir die Ratgeber und Tips der Experten nun wirklich?
Bei meiner scheinbar platten Antwort wirst du mit den Augen rollen und versucht sein, mich zu hassen: Ratgeber und Tips nützen dir dann was, wenn sie hilfreich sind.
Lies weiter!
Mit „hilfreich“ meine ich, dass sie nicht dein Problem lösen, sondern dir bei deiner Lösung helfen. Das heißt, du hast gar keine andere Wahl, als dir selber eine Unikat-Lösung für dein Unikat-Problem auszudenken. Das geht meiner Erfahrung nach sogar schneller, als erst einen Ratgeber zu studieren. Und das, was du dir mühevoll (aber relativ schnell) ausdenkst muss nur genügen, also ausreichen, um dein aktuelles Problem auszuhebeln. Der Rest ist erst einmal egal. Selbst wenn dadurch ein anderes, neues Problem entstehen sollte. (Passiert sowieso immer.)
Falls bei deiner ausreichenden Lösung ein neues Problem entsteht, ist es meist erheblich kleiner und nicht wirklich ein Problem. Sondern nur etwas, dass speziell nur dich vorübergehend nervt. Wenn du keine Kompromisse magst, dann weist du was ich meine. Und du weist auf einmal, wie hilfreich jetzt der Expertenrat ist. Jetzt bewegst du dich mit dem Experten auf Augenhöhe. Jetzt verstehst du ihn.
Da ein gestandener Experte keinen Mist erzählt, gibt er dir Erfahrungen und verschiedene Tips, Inspirationen und Sichtweisen auf ein und dasselbe Problemdetail (dieses neue Problem, nicht dein gelöstes Hauptproblem). Dieses Expertenwissen kannst du nun, da du es [aufgrund des bereits von dir gelösten (ersten) Hauptproblems] richtig verstehst, wirkungsvoll nutzen, um punktgenau das letzte ungelöste Körnchen „Problem“ zu lösen. Erst dadurch wird die komplette Problemlösung für dich zur Fingerübung.
Meiner Meinung nach bringt es nicht viel, Eins-zu-Eins Expertenlösungen für eigene Probleme umzusetzen. Löse selber. Aber als Hilfe sind Expertentips letztendlich das, was dann deine Brillanz ausmacht.
Auch wenn deine Lösung bisher nicht ideal war oder du nicht sicher warst, ob deine Lösung die bestmögliche ist. Jetzt weißt du es. Und wenn du dir nach einem selber gelösten Problem mit nachfolgender Expertenhilfe selber vorkommst, wie ein Experte, dann weißt du, was ich mit ‚Brillanz‘ meine.