Bauleiter bei der Post
Viele Menschen, eigentlich zu viele, arbeiten in Positionen, für die sie nicht das geringste Talent haben. Das tolle daran: Sie merken es nicht einmal. Deren Kunden aber schon.
Diese völlig fehl besetzten Personen können aber eines. Sie können einen Abschluss, eine Ausbildung oder irgendwas vergleichbares vorweisen, das sie dazu legitimiert, eben die Position im wahrsten Sinne des Wortes zu besetzen.
Personalchefs ignorieren hierzulande Talente, weil die nur auf die Papiere, Titel, Lebensläufe, Bildungsstätte oder die Namen schauen. Unterlagen gaukeln Korrektheit vor und geben gefühlte Sicherheit für Entscheider. Und sie erlauben die bequeme Art, nach den Vorgaben, dem Regelwerk zu verfahren. Malen nach Zahlen nennt man das. Und da sind die Deutschen wieder mal das, was sie sonst auch überall sind: Weltmeister.
Ich kenne persönlich jemanden, der nie KFZ-Schlosser gelernt hat, aber aufgrund deutscher Gesetzgebung diesen Beruf nicht aus üben darf. Er arbeitet jetzt als Hausmeister in einer Markenwerkstatt. Er ersetzt dort drei ausgebildete Schlosser, die wegen Kundenbeschwerden gefeuert wurden. Seitdem der „Hausmeister“ die Kundenfahrzeuge repariert, ist der Ruf dieser Fachwerkstatt derart gestiegen, dass sogar der Absatz von Neuwagen angezogen hat.
Nicht weit von hier gibt es eine Baufirma, die den Regenwasserabfluss auf einem Betriebsgelände so gebaut hat, dass das Wasser demnächst bergauf fließen muss. Der Abfluss befindet sich auf einer Erhöhung statt in der Vertiefung. Der Bau geschah unter der persönlichen Aufsicht eines Diplom-Bauingenieurs, der ständig mit einem Stapel Papieren rum gerannt ist, als ob er von einer Crack-süchtigen Wasserratte gejagt wird. Der hätte besser Briefträger werden sollen.
Und ein Baugenie verkauft am Schalter gelangweilt Briefmarken an alte Omis, während er von Objekten träumt und als Heimwerker oder Hobby-Maurer mit seinem nicht ausgelebten Bau-Drang die Ehefrau und die Nachbarn irre macht.
Ein letztes, aber sehr nerviges Beispiel sind diese grauenhaft verstümmelten (aber im original brillanten) TV-Produktionen aus England, wie Serien oder Dokus, wo einem mit diesen deutschen Stimmen alles versaut wird. Die haben Sprachfehler, sprechen Begriffe und Namen grundsätzlich falsch aus, haben keine Ahnung von der Materie, ahmen jedes Geräusch (z.B. Lachen oder Stöhnen) nach, klingen gekünstelt (typisch deutsch) oder wie studierte Cartoon-Figuren und verursachen bei mir den Drang, jene mit allen Mitteln zum Schweigen zu bringen.
Welcher Idiot ist dafür verantwortlich? Vielleicht ist es der einzige Deutsche, der weder das Zielpublikum noch die englische Sprache kennt, die letztere durchaus [nicht] versteht.
Jeder, der sich beruflich fehl am Platz fühlt und diese Missstände mit ansieht, sollte so langsam mal wissen, was zu tun wäre. Vielleicht den Job wechseln. Eventuell sich dem Korsett der Bürokratie entziehen.
Oder mehr Mut haben, mehr auf sich hören, mehr hinterfragen, mehr stören, mehr aufmucken, mehr rebellieren, mehr verdammte Regeln brechen. Oder sich einmal mehr neu erfinden.
Wenn kein anderer sieht oder weiß, was du wirklich kannst, es keiner zu schätzen weiß und du zusehen musst, wie Nichtskönner deinen Job erledigen und dafür noch regelmäßig Geld bekommen, dann zeige es denen, die dich brauchen.
Am besten auf möglichst unorthodoxe Art. Das Internet kann dabei helfen. — Wenn du langfristig denkst und in dich investierst und somit deinen Weg bereitest. Nicht selten auch über Umwege. Dann zeige, dass du es besser kannst als all diese Stümper und Amateure – oder wie ich sie nenne: ‚Bauleiter bei der Post‘.