Wer wenig Erfahrung hat, der hat dafür viele Möglichkeiten

Es gibt (oder gab) das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort, in den USA, war Erfahrung, die auf gewissen Regeln aus der alten Welt aufbaute nur bedingt von Wert. Improvisation und das Erkennen von Möglichkeiten brachte die Leute dort voran. Heute ist es Zeit für die Person der unbegrenzten Möglichkeiten. Egal, in welchem Land sie sitzt.

Aus den USA kommen immer noch Innovationen und Trends, die zu uns ins alte Europa rüber schwappen. Nach wie vor.

Amerikaner waren noch nie Systemdenker. Sie sind, historisch bedingt, notorische Quereinsteiger. Das Vorhandene interessiert dort keinen. Neues musste her. Immer wieder neue Lösungen. Die alten Amis waren angewiesen auf das Erkennen von Möglichkeiten. Zwar ist hier bei uns alles dermaßen überreguliert, so dass kaum Neues von gewissem Wert entstehen kann. Aber gerade deswegen ist es umso dringender, innovativ und kreativ zu denken.

Die Sache mit den Möglichkeiten fängt beim einzelnen im Kopf an. Und auf diesem Kopf muss nicht mehr zwangsläufig die kalifornische Sonne brennen.

Wer vieles ausprobiert hat, der hat auch viel Erfahrung, der kennt die Abkürzungen. Sofern diese noch vorhanden sind.

Die Welt ändert sich laufend. Man trifft auf Herausforderungen, die gestern noch völlig unbekannt waren. Damit werden Erfahrungen nicht wertvoller. Nur häufiger. Möglichkeiten aber auch. Und die sind real. – Für den, der sie erkennen will.

Erfahrungen mit Menschen sind die beständigsten. Trotz verschiedener Mentalitäten, Kulturen oder Zeitepochen ticken die Menschen nach wie vor meist ähnlich. Dagegen können sich Umstände, Gegebenheiten oder Rahmenbedingungen immer wieder ändern. Und zwar schneller denn je. Hier helfen Erfahrungen aus bestimmten Situationen heraus nur wenig bis gar nicht. Dazu kommt, dass die Welt sich immer ähnlicher wird. Die Unterschiede weichen auf.

Da wir Teil dieser Welt sind, wo sehen wir nun bei uns die Möglichkeiten, die wir haben wollen?

Eine Möglichkeit beispielsweise mangelnde Praxiserfahrung auszugleichen oder zu übertrumpfen ist, mit der täglichen Realität zu spielen. Dafür sollte man bereit sein, gewisse Feinheiten aufzunehmen, indem man sich etwas vom multimedialen Getöse entfernt. Die Feinheiten bestehen aus guten, schlechten und sehr oft belanglosen Details, die einem normalerweise herzlich wenig interessieren. Und wir wollen doch nicht normal sein, oder?

Wo nichts ist, da ist immer noch deine Fantasie. Die ist aber selten konform oder normal.

Wenn nun im real existierenden Alltag – wie so oft – nichts interessantes dabei ist, dann kannst (besser solltest) du all das, was du so aufsaugst mit deiner vorhandenen Fantasie oder Vorstellungskraft koppeln, also spielerisch kombinieren, verflechten. Während dieses gedanklichen Spielens erkennst du Möglichkeiten (Lösungen, Wege), die vorher – für niemanden (auch für dich nicht) – da waren. Kreativität braucht ein gewisses Maß an Wahrnehmung von Feinheiten.

Produktive Kreativität bedeutet, der Alltags-Story zwischen den Zeilen zu lesen.

Erfahrung kann keine Kreativität hervorrufen, eine intensivere Wahrnehmung der täglichen Einflüsse aber schon. Mit der Zeit bekommt man so ein Gefühl, so eine Ahnung, was demnächst so passieren könnte. So fängst du an, neue Lösungen für Probleme zu erdenken oder frühzeitig Trends zu erkennen. Wenn du eine Portion Mut hinzu mischst, wie bei den alten Amis, dann kannst du einen Trend setzen. Oder aber dich und dein Projekt neu erfinden.

Allerdings, einige brauchen wirklich viel Mut, um überhaupt einigermaßen schräge und damit kreative Gedanken zu haben. Ein erlerntes und damit selbst auferlegtes Denkverbot – sofern vorhanden – muss brutal durchbrochen werden.

Und falls du immer noch Erfahrung auf einem Gebiet brauchst oder dir eine Zutat noch fehlt, um deine erkannte Möglichkeit voll ausschöpfen zu können, dann nehme einfach die Erfahrungen oder ein funktionierendes System von jemand anderen.

Eines ist klar: Bevor die nächste Winter-Olympiade in Saudi-Arabien stattfindet und Holländer auf dem Mars zur Zeit der genmanipulierten Tabak- und Marihuanablüte viele Touristen anziehen, ändert sich für dich noch genug, um immer wieder neue Möglichkeiten zu entdecken. Aber zuerst entdecke in dir den alten Ami.