Unser künstlerischer oder geschäftlicher Anspruch ist so hoch, dass wir nichts haben, um diesen gerecht zu werden. Das heißt, das eigene Können hinkt immer den eigenen Anspruch hinterher. Auf die ‚Art‘ kann man kein Geschäft aufbauen.

Genauso wenig kommt jemand als genialer Künstler oder Unternehmer zur Welt. Er wird es erst, wenn er dies – aufgrund äußerer Einflüsse – beschließt. Er wird genial, künstlerisch und unternehmerisch, indem er entscheidet, es zu sein.

Um mit einem Kunstprojekt oder einem Geschäftsmodell nachhaltig Erfolg zu haben gehört das Eingeständnis, dass man zu einem gewissen Teil auf die Ideen und Konzepte anderer angewiesen ist. Und das hierbei weniger oft mehr ist.

„Schlechte Künstler kopieren. Gute Künstler stehlen.“ — Pablo Picasso

Es ist alles schon mal da gewesen. In irgend einer Form. Für irgend jemanden. Aber nicht für deine und meine Leute.

Vieles was ein genialer Künstler aufbaut, besteht aus der Kunst des Arrangierens. Er arrangiert das bereits da gewesene neu. Und er macht dies auf seine Art für seine Klientel, seine Fans und seine Kunden. Die Frage ist weniger, was er tut, sondern mehr für wen. Mit anderen Worten, er macht es für diejenigen, für die eine Kunst, ein Service oder ein Produkt noch nicht (oder nie) gemacht wurde. Er vermittelt. Das ist seine Aufgabe. Und sein Anspruch.

Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Also, diese Frage zu beantworten ist ja gerade die Kunst. Fakt ist, dass der Künstler das was er klaut, durch seine Persönlichkeit authentisch umsetzt. Das ist nicht schwer, sondern — Trommelwirbel — leicht. Denn wenn es jemand schwer hat, dann hat er es schwer. Und wenn er es schwer hat, bekommt er keinen Mehrwert zustande.

Der geniale Künstler klaut nur jene Dinge eines anderen Kunstwerks, die nur er sehen kann. Es ist das nicht für jeden offensichtliche und nur von einem Künstler im Ansatz erkennbare Detail. Oder eine ‚Nebensächlichkeit‘ mit Statistenrolle sozusagen. Dies übernimmt (klaut) er komplett und vollendet es nur mit dem was seine Fantasie hinzu spinnt. Fertig.

Leichtigkeit bedeutet, alles unnötige von etwas vorhandenem wegzulassen. Das geklaute verändert sich dadurch und gibt Raum für einen zusätzlichen neuen Wert an anderer Stelle für andere Kundenkreise oder andere Interessenten.

Leichtigkeit entsteht dann, wenn du nur spielst. Du spielst, zerstörst, veralberst, versenkst, erweiterst und beschneidest, wie es dir passt. Das tust du bis zu einem gewissen Punkt, wo es – aus deiner Sicht – gut genug ist, um die beabsichtigte Wirkung zu erreichen

Bei Picasso war es so, dass er einfach das geklaut hat, was er mal gesehen hat. Vor allen dann, wenn es der Beklaute selbst noch nicht gesehen hat. Richtig klauen bedeutet daher richtig erkennen, also sehen, was kein anderer sieht und bevor es ein anderer sieht.

Das waren Weiber, Zigaretten, Bars, Häuser, Lichtreflektionen, Pflanzen, Kleider und die Werke anderer Künstler (nicht zwangsläufig Bilder). Er hat all diese Eindrücke bewusst aufgenommen, in seine Fantasie getränkt und nach seiner persönlichen Vorstellung wieder gegeben, also gemalt, so wie wir seine Bilder kennen. Er hat praktisch die ganze Welt um ihn herum geklaut und in Picasso-Art wieder für andere Sichtbar auf die Leinwand gebracht. Seine Vorstellungskraft ist dadurch real geworden und hat Menschen angesprochen, die mit klassischer Kunst nie grün geworden sind.

Picasso konnte praktisch alles klauen, weil er nichts detailliert abgemalt, sprich ‚kopiert‘ hat. Er hat nur die Gedanken visualisiert, die er über ein Objekt hatte. Er hat das Objekt nicht so gemalt, wie es war. Egal ob es ein Baum oder das Gemälde eines anderen Künstlers war, alles, was er zu 100% geklaut hat, wurde dadurch zu 100% Picasso. Und deshalb einmalig.

Der Zwang Geld zu verdienen ist dabei außen vor. Denn die beabsichtigte Wirkung ist nicht Geld zu verdienen.

Sondern einen Eindruck (oder Ausdruck) zu hinterlassen, Einfluss zu nehmen oder etwas anzustoßen. Der Grund ist – und das merken selbst geniale Künstler manchmal erst nach Jahren – dass der Umstand Geld verdienen zu müssen, das Projekt in seiner Intensität, seiner Wirkung schwächt oder ganz einfach zu Nichte macht. Dann wird nie was daraus, weil es zu kurzfristig gedacht ist. So entsteht kein Wert für den Fan oder Kunden. Und im Gegenzug für den Künstler kein Einkommen.

Warum ist das so?

Weil der Künstler, wenn er nur aufs Geld aus ist, die falschen Entscheidungen trifft. Das ist wie bei einem Kind, das Talent und Willen hat, Zahnarzt zu werden, die Eltern es aber gegen seinen Willen und Talenten zwingen Jura oder Betriebswirtschaftslehre zu studieren, nur weil es gerade angesagt ist.

Aber Unternehmer beziehungsweise Unternehmensgründer müssen doch Geld verdienen!?

Richtig. Das gilt auch für den Künstler. Die Frage ist, womit?

Zum Beispiel mit seinem Namen, seiner Marke, in die er investiert. Da Namen und Marken nur im Bewusstsein und in der Wahrnehmung seiner Klientel von Wert sind (wo sonst?), investiert er genau dort. Er investiert in seine Leute. Er „pumpt“ regelrecht hohe Werte in seine Kunden oder seine Fans. Dadurch entsteht nach einiger Zeit genug Vertrauen, dass er für andere bestimmte Dinge, Angebote oder Projekte Geld verlangen kann.

Geld verdienen muss ein Künstler, wie ein Unternehmer zunächst nur soweit, dass er sich um seine Kunst und damit langfristig um seine Kunden kümmern kann. Er investiert, mehr nicht. Das kann dauern, bis mehr daraus wird. Bei Pablo Picasso hat es Jahrzehnte gedauert, bis es soweit war. Und Picasso war sehr unternehmerisch.

Falls ein Unternehmensgründer nicht weiß, wie man eine bestimmte Sache umsetzt, dann klaut er es von dort, wo es bereits funktioniert.

Er adaptiert eine Methode, um seine Idee so zu realisieren, dass sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer trägt. Und falls er keine Ideen hat, sollte er es wie Picasso machen. Also komplett klauen, es in seinem Gehirn im eigenen Saft der Fantasie gären lassen und dann wenn es reif ist, also seiner persönlichen Vorstellung für seine Klientel entspricht, umsetzen.

Das Wort ‚Kunst‘ kommt bekanntlich von ‚können‘. Daher ist es gut zu wissen, wie du auf deine ‚Art‘ richtig klauen kannst.