Drängler, Ausbremser und Spätblinker

Ausbremser fahren mit dem Auto grundsätzlich 8,5 km/h langsamer als es das Gesetz erlaubt. Schaltet die Ampel auf Grün, warten sie erst bis es wieder Gelb ist, bevor er sich ganz langsam in Bewegung setzt. Und derjenige, der nach ihm kommt, also du, hältst wieder bei Rot.

Wollen Spätblinker irgendwo abbiegen, dann geht er auf freier Strecke zwei Kilometer vorher schon auf Schrittgeschwindigkeit. Dann blinkt er. Nachdem er abgebogen ist.

Falls du ein getriebener bist, dann kennst du garantiert unzählige Situationen, wie die aus dem Straßenverkehr. Die kennst du nicht nur von dort, sondern von überall. Als Fußgänger bist du derjenige, der in sechsfacher Geschwindigkeit Slalom vorbei an all die trödelnden Schnarchnasen und Zombies läuft. – Falls genug Platz ist.

Und wenn dir jemand was erklären will, kennst du den Rest des „Textes“ schon zweieinhalb Stunden bevor derjenige zu Ende erzählt hat.

Du bist wieder im Verkehr. Jetzt auf der Autobahn. Allerdings dreht sich die Situation hier um.

Du überholst zügig eine Reihe von LKWs hintereinander. Du näherst dich einem Auto vor dir, dass etwas langsamer fährt als du. Du hältst Abstand. Denn die Welt ist gefährlich und unberechenbar. Hat Opa schon gepredigt – Gott hab ihn selig.

Während dessen drängelt hinter dir schon ein Drängler mit seinem Drängelauto. Und zwar so dicht, dass du dessen Nasenhaare zählen kannst, die für einen Hitlerbart reichen würden.

Dein verstorbener Opa hat dich vor den Tücken des Straßenverkehrs ja gewarnt. Also bleibst du souverän Herr der Lage.

Nachdem du und dein Vordermann alle LKWs überholt haben, wird auf die rechte Spur gewechselt. Der Drängler bleibt links und überholt mit einem Auspuffgeräusch, das deinen Opa wieder aufwecken könnte.

Was passiert nun? Dein Vordermann, also das Auto vor dir beschleunigt dermaßen, dass der Drängler nicht vorbei kommt. Das ist lustig mit anzusehen. Aber – wie die Welt so ist – auch gefährlich und unberechenbar.

Es ist nichts passiert, denn die Autobahn war eine gerade Strecke. (Sofern dies hilft.)

Das Leben ist keine gerade Strecke. Und du merkst, dass es ähnliche Situationen überall gibt. Du willst voran kommen, wirst aufgehalten, kannst dich nicht auf jeden verlassen, gehst komische Wege, um Hindernisse zu umschiffen und wirst trotz (oder wegen) deines Tempos bedrängelt.

Diese Beispiele aus dem Verkehr, egal ob gefahren oder gelaufen, sind erfahrbare Analogien (Gleichnisse, Beispiele) für jemanden, der in seinem Leben seinen Weg in seinem Rhythmus und in seinem Tempo geht. Und er nimmt Anpassungen nur dort vor, wo sie entweder vorübergehend Sinn machen oder Gefahren vermindern.

Das andere Leute wie fremdgesteuert (z.B. vom Deibel geritten) dir unnötig Druck machen, dich aufhalten oder durch ihre Nachlässigkeit in unangenehme Situationen bringen, ist Alltag für dich als Künstler, Macher, Entrepreneur und Weltbeweger.

Der Normalbürger muss, um zu überleben, auf seinesgleichen meist nur im Straßenverkehr acht geben. Denn dort (im Verkehr) kommt seine wahre Natur zum Vorschein, mit der er dann umgehen muss. Falls er es kann. Du fährst, um in jedem Bereich deines Action-reichen Lebens heil anzukommen, am besten, wenn du mit gefährlichen, blockierenden oder nervenzehrenden Menschen und Situationen rechnest.

Mit der Zeit kommt Praxis. Hast du Praxis, kannst du Situationen besser und schneller einschätzen. So vermeidest du diese Szenarien in all ihren Ausprägungen schon von vornherein. Wer das kennt oder weiß, der fährt im Schnitt überall gut. Im Verkehr nennt man das vorausschauendes Fahren.

So erkennst den Spätblinker lange bevor er abbiegt und den Drängler als kleinen Punkt im Rückspiegel. Der Ausbremser erinnert uns nur daran, belanglosen Nichtigkeiten keinen Raum zu geben. Meist kommen wir nur 3 Minuten später ans Ziel. Aber wir kommen an. Und zwar entspannt.

Falls du was abschütteln willst, dann ist Hinwenden besser als Abwenden

Sich von Irgendwas abzuwenden ist schwer. Ob es der Job ist, schädliche Mitbürger, eine überholte Weltanschauung, ein ganzes Land oder einfach nur die leckere Lieblingsdroge – das alles sind Dinge, die einen unter Umständen zurückhalten könnten, wenn man ein Ziel hat. Aber kann man sich so ohne weiteres von alten Dingen abwenden?

Man kann. Aber abwenden ist eine schwere Prozedur, weil es zugleich stört und dich beschäftigt. Denn Trennungen ihrer selbst willen haben gern die Eigenschaft eher bindend als lösend zu wirken. Dann wird der störende Einfluss noch größer als er sowieso schon ist.

Dann ist es wirklich besser, du lässt dich weiter nur stören anstatt dich stören und beschäftigen zu lassen. Du siehst: Ein halbes Problem ist besser als ein ganzes, weil es ja so gesehen bereits zur Hälfte gelöst ist.

Und die Sache mit dem Loslassen funktioniert besser, wenn man ein Ziel hat. Egal, ob es erreichbar scheint oder nicht.

Sich von etwas abzuwenden erfordert in den meisten Fällen viel zu viel Energie. Sich zu etwas neuem (siehe Ziel) hin zuwenden kostet weniger Energie und hat oft den Effekt, dass es alte unliebsame Dinge ganz einfach abhängt. Auch hier gilt, wenn die Lösung vor dir liegt, dann liegt das Problem schon hinter dir.

Treibstoff Furcht

Das vorübergehende und täuschende Gefühl, einen sicheren Job zu haben wird eingetauscht gegen wachsende Furcht vor Bestrafung (Kündigung, Mobbing, Versetzung, Isolation). Man macht, was einem gesagt wird, sonst droht Ungemach. Diese Furcht treibt die Leute an, für jemand anderen und unter deren Fuchtel zu arbeiten.

Unsere (o.k., nicht meine und nicht deine) Leistungsgesellschaft wird von permanenter Furcht angetrieben. Und 95% davon ist sowieso unbegründet, aber da. Den Rest erledigen kleine Belohnungen. Das reicht, um das System aufrecht zu erhalten.

Mit ‚Zuckerbrot und Peitsche‘ kann man hervorragend Konformisten erziehen.

Aber. Furcht treibt auch Freidenker, Künstler und Entrepreneure an. Alles Nonkonformisten und alles andere als Jasager.

Die Furcht wird von denen (auch von mir) allerdings missbraucht. Und zwar als Energielieferant, als Start-Booster sozusagen. Mit Worten ist das schlecht erklärbar, aber es funktioniert. Denn während des Verbrennungsprozesses wird wie durch Hexerei aus Furcht Lust.

Jetzt klingt der erste Absatz in diesem Beitrag so:

Das vorübergehende und täuschende Gefühl von Unsicherheit durch Eigeninitiative wird eingetauscht gegen permanente Zuversicht aufgrund gelöster Probleme (Einfluss, Wertschaffung, Bedeutung, Beziehungen). Hier treibt die Furcht die Leute nicht vor sich her. Sie wird eingefüllt, wie Benzin in einem Motor. Dort kann sie dann von dir kontrolliert und vor allem produktiv verbrennen.

Wie man richtig klaut

Unser künstlerischer oder geschäftlicher Anspruch ist so hoch, dass wir nichts haben, um diesen gerecht zu werden. Das heißt, das eigene Können hinkt immer den eigenen Anspruch hinterher. Auf die ‚Art‘ kann man kein Geschäft aufbauen.

Genauso wenig kommt jemand als genialer Künstler oder Unternehmer zur Welt. Er wird es erst, wenn er dies – aufgrund äußerer Einflüsse – beschließt. Er wird genial, künstlerisch und unternehmerisch, indem er entscheidet, es zu sein.

Um mit einem Kunstprojekt oder einem Geschäftsmodell nachhaltig Erfolg zu haben gehört das Eingeständnis, dass man zu einem gewissen Teil auf die Ideen und Konzepte anderer angewiesen ist. Und das hierbei weniger oft mehr ist.

„Schlechte Künstler kopieren. Gute Künstler stehlen.“ — Pablo Picasso

Es ist alles schon mal da gewesen. In irgend einer Form. Für irgend jemanden. Aber nicht für deine und meine Leute.

Vieles was ein genialer Künstler aufbaut, besteht aus der Kunst des Arrangierens. Er arrangiert das bereits da gewesene neu. Und er macht dies auf seine Art für seine Klientel, seine Fans und seine Kunden. Die Frage ist weniger, was er tut, sondern mehr für wen. Mit anderen Worten, er macht es für diejenigen, für die eine Kunst, ein Service oder ein Produkt noch nicht (oder nie) gemacht wurde. Er vermittelt. Das ist seine Aufgabe. Und sein Anspruch.

Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Also, diese Frage zu beantworten ist ja gerade die Kunst. Fakt ist, dass der Künstler das was er klaut, durch seine Persönlichkeit authentisch umsetzt. Das ist nicht schwer, sondern — Trommelwirbel — leicht. Denn wenn es jemand schwer hat, dann hat er es schwer. Und wenn er es schwer hat, bekommt er keinen Mehrwert zustande.

Der geniale Künstler klaut nur jene Dinge eines anderen Kunstwerks, die nur er sehen kann. Es ist das nicht für jeden offensichtliche und nur von einem Künstler im Ansatz erkennbare Detail. Oder eine ‚Nebensächlichkeit‘ mit Statistenrolle sozusagen. Dies übernimmt (klaut) er komplett und vollendet es nur mit dem was seine Fantasie hinzu spinnt. Fertig.

Leichtigkeit bedeutet, alles unnötige von etwas vorhandenem wegzulassen. Das geklaute verändert sich dadurch und gibt Raum für einen zusätzlichen neuen Wert an anderer Stelle für andere Kundenkreise oder andere Interessenten.

Leichtigkeit entsteht dann, wenn du nur spielst. Du spielst, zerstörst, veralberst, versenkst, erweiterst und beschneidest, wie es dir passt. Das tust du bis zu einem gewissen Punkt, wo es – aus deiner Sicht – gut genug ist, um die beabsichtigte Wirkung zu erreichen

Bei Picasso war es so, dass er einfach das geklaut hat, was er mal gesehen hat. Vor allen dann, wenn es der Beklaute selbst noch nicht gesehen hat. Richtig klauen bedeutet daher richtig erkennen, also sehen, was kein anderer sieht und bevor es ein anderer sieht.

Das waren Weiber, Zigaretten, Bars, Häuser, Lichtreflektionen, Pflanzen, Kleider und die Werke anderer Künstler (nicht zwangsläufig Bilder). Er hat all diese Eindrücke bewusst aufgenommen, in seine Fantasie getränkt und nach seiner persönlichen Vorstellung wieder gegeben, also gemalt, so wie wir seine Bilder kennen. Er hat praktisch die ganze Welt um ihn herum geklaut und in Picasso-Art wieder für andere Sichtbar auf die Leinwand gebracht. Seine Vorstellungskraft ist dadurch real geworden und hat Menschen angesprochen, die mit klassischer Kunst nie grün geworden sind.

Picasso konnte praktisch alles klauen, weil er nichts detailliert abgemalt, sprich ‚kopiert‘ hat. Er hat nur die Gedanken visualisiert, die er über ein Objekt hatte. Er hat das Objekt nicht so gemalt, wie es war. Egal ob es ein Baum oder das Gemälde eines anderen Künstlers war, alles, was er zu 100% geklaut hat, wurde dadurch zu 100% Picasso. Und deshalb einmalig.

Der Zwang Geld zu verdienen ist dabei außen vor. Denn die beabsichtigte Wirkung ist nicht Geld zu verdienen.

Sondern einen Eindruck (oder Ausdruck) zu hinterlassen, Einfluss zu nehmen oder etwas anzustoßen. Der Grund ist – und das merken selbst geniale Künstler manchmal erst nach Jahren – dass der Umstand Geld verdienen zu müssen, das Projekt in seiner Intensität, seiner Wirkung schwächt oder ganz einfach zu Nichte macht. Dann wird nie was daraus, weil es zu kurzfristig gedacht ist. So entsteht kein Wert für den Fan oder Kunden. Und im Gegenzug für den Künstler kein Einkommen.

Warum ist das so?

Weil der Künstler, wenn er nur aufs Geld aus ist, die falschen Entscheidungen trifft. Das ist wie bei einem Kind, das Talent und Willen hat, Zahnarzt zu werden, die Eltern es aber gegen seinen Willen und Talenten zwingen Jura oder Betriebswirtschaftslehre zu studieren, nur weil es gerade angesagt ist.

Aber Unternehmer beziehungsweise Unternehmensgründer müssen doch Geld verdienen!?

Richtig. Das gilt auch für den Künstler. Die Frage ist, womit?

Zum Beispiel mit seinem Namen, seiner Marke, in die er investiert. Da Namen und Marken nur im Bewusstsein und in der Wahrnehmung seiner Klientel von Wert sind (wo sonst?), investiert er genau dort. Er investiert in seine Leute. Er „pumpt“ regelrecht hohe Werte in seine Kunden oder seine Fans. Dadurch entsteht nach einiger Zeit genug Vertrauen, dass er für andere bestimmte Dinge, Angebote oder Projekte Geld verlangen kann.

Geld verdienen muss ein Künstler, wie ein Unternehmer zunächst nur soweit, dass er sich um seine Kunst und damit langfristig um seine Kunden kümmern kann. Er investiert, mehr nicht. Das kann dauern, bis mehr daraus wird. Bei Pablo Picasso hat es Jahrzehnte gedauert, bis es soweit war. Und Picasso war sehr unternehmerisch.

Falls ein Unternehmensgründer nicht weiß, wie man eine bestimmte Sache umsetzt, dann klaut er es von dort, wo es bereits funktioniert.

Er adaptiert eine Methode, um seine Idee so zu realisieren, dass sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer trägt. Und falls er keine Ideen hat, sollte er es wie Picasso machen. Also komplett klauen, es in seinem Gehirn im eigenen Saft der Fantasie gären lassen und dann wenn es reif ist, also seiner persönlichen Vorstellung für seine Klientel entspricht, umsetzen.

Das Wort ‚Kunst‘ kommt bekanntlich von ‚können‘. Daher ist es gut zu wissen, wie du auf deine ‚Art‘ richtig klauen kannst.

Teure Kabel verursachen Raumverzerrungen und Zeitsprünge

Es ist unklar, wie manche Preise entstehen. Es gibt Produkte, beispielsweise bei technischem Zubehör, die offenbar aus Mangel an Fantasie der Anbieter in die Höhe schiessen. Frei nach dem Motto „Wenn nur sehr wenige unser Produkt kaufen, dann sollen gefälligst die wenigen, die es doch kaufen gleich für die noch fehlenden Kunden mitbezahlen.“

Laut einiger Rezensionen auf Amazon können lumpige Fernsehkabel sogar Einstein’s Relativitätstheorie überrumpeln. Das ist grandios, denn ich glaub’s langsam auch.

Gut, die Rezensenten machen sich einen Spaß aus den Marsmondpreisen einiger Produkte. Warum? Weil eben das auffälligste der Preis ist. Sonst nichts.

Bestenfalls gibt der Händler (in diesem Fall Amazon) gerade mal die nötigsten technischen Daten an. Und die sind noch spärlicher beschrieben als die von gleichwertigen Billigprodukten. Wollen die bei den teuren Marken was verheimlichen? Oder nur die Kunden nach Erhalt der Ware positiv überraschen?

Vielleicht sitzen an einem bestimmten Kabel die Stecker einfach fester oder halten tatsächlich so lange wie die Garantie dauert. Vielleicht sind die Kabel ein bisschen flexibler und weicher. Vielleicht sehen sie etwas besser aus, falls der Besuch mal neugierig hinter dem Fernseher guckt.

Für Kenner: Abschirmungen bei digitalen Übertragungen per Kabel sind hingegen Blödsinn, denn die Ströme sind viel zu gering, als dass sie andere elektronischen Geräte zu Fehlfunktionen verleiten könnten. Und per Kabel übertragene Digitaldaten selber kann man nicht stören, außer man zieht den Stecker raus.

Aber vielleicht sind es nur die versteckten Lieferkosten, da jeder Grauimport einzeln von Vulcan eingeflogen werden muss. Oder vielleicht sind die nur wasserdicht, für den Fall, dass es in der Wohnstube gelegentlich nieselt, während ich mir 3D-Filme auf Blue-rays anschaue. Heutzutage muss ja auch noch alles schnell gehen. Wieso also das Dach reparieren, wenn ich stattdessen für einen kleinen Aufpreis nur ein wasserdichtes und rostfreies Kabel einstecken brauch.

Und über die Unempfindlichkeit gegenüber EMP-Impulsen steht in der Beschreibung auch nichts, obwohl es bei den Preisen machbar wäre. Das würde sogar Sinn machen, falls auch noch der Blitz durchs offene Dach einschlägt oder der mürrische Nachbar in seinem Garten wieder mal einen Atomtest durchführt. Diese Produkteigenschaften wären bestimmt ganz toll. Nur gelesen habe ich darüber nichts und müsste mich – realistisch gesehen – mit Exklusivität begnügen.

Aber 6.000 Euro für ein 3m HDMI-Kabel ohne weitere Erklärungen wie der Preis zustande kommt? Das können sogar russische Waffenschieber besser, obwohl die das nicht nötig hätten. Die haben seit Monaten schon genug zu tun.

Vielleicht (dieses Wort kommt heute häufig vor) will man ja die Vorzüge dieser Premiumprodukte tatsächlich der Fantasie des Kunden überlassen. Marketing entsteht im Gehirn, oder so ähnlich. Und die Fantasie, die dadurch entsteht bietet in den obigen Fällen einen deutlicheren Mehrwert als nur der reine Nutzwert.

In diesem Fall ist es der Unterhaltungswert. Und zwar für diejenigen, die die Rezensionen lesen und sich einen Ast ablachen. Nicht zu reden vom blanken Spaß, den die Rezensenten offensichtlich haben.

Jetzt mal m Ernst:

Wenn ich so ein Hersteller derartiger Alienprodukte wäre, dann würde ich mir mal die Mühe machen und die wichtigsten Händler (Amazon ist wichtig) mit den dazugehörigen Informationen versorgen. Ist das so schwer? Das kostet doch nicht die Welt. Himmel, Arsch und Zwirn!

Allerdings schätze ich, dass wenn die genau erklären würden, wie „gut“ die Zauberstrippen wirklich sind, dann müssten die Preise um zwei, drei Dezimalstellen zurück korrigiert werden.

Solange das nicht passiert, haben potentielle Kunden ihre eigene Wahrnehmung über das Produkt. Und die beinhaltet jetzt Quantenanomalien, Raumverzerrungen und Zeitsprünge.

Es sind nach wie vor Produkte der Unterhaltungselektronik. Und unterhalten habe ich mich damit prächtig. Auf Amazon.

Und vor allem: ohne einen dieser elektronischen Gartenschläuche jemals angeschlossen zu haben.

Work-Life Balance ist weder balancierbar noch lebenswert

Die sogenannte Work-Life Balance hat zum Ziel, das Arbeitsleben mit dem Privatleben in Einklang zu bringen. Wer glaubt, das dieser Blödsinn funktioniert, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.

Eines vorneweg: Man kann kein Ungleichgewicht balancieren. Man kippt entweder in die eine oder die andere Richtung. Und wer Widersprüche in Einklang bringen will, der hat schon allein damit genug zu tun.

Dann hat man nicht nur die Arbeit und das Privatleben am Hals. Sondern zusätzlich noch das unmöglich zu lösende Ideal der Work-life balance.

Work-life balance ist so, als wenn man gleichzeitig beschleunigen und bremsen will. Es ist pure Energieverschwendung und daher völlig idiotisch. Es ist bestenfalls eine Art Medikament mit Nebenwirkungen, dass die eigentliche Ursache nicht behebt, dafür aber neue Komplikationen auslöst.

Man kann, wie bei körperlichen Beschwerden, wie z.B. Migräne, den Schmerz betäuben. Auf Dauer verlieren aber selbst die stärksten Medikamente ihre Wirkung und kehren sich ins Gegenteil um.

Der Schmerz selber ist nur eine Alarmglocke, dass irgendwas nicht stimmt. Und wer eine Work-life balance braucht, bei stimmt irgendwas nicht. Und dieses ‚irgendwas‘ ist das, was das Leben bestimmt: Ein beschissener Job, der es nicht erlaubt, so leben zu können, wie man es eigentlich müsste.

Wer kann eigentlich so leben, wie er es eigentlich müsste?

Jeder. Jeder, der herausfindet, was er eigentlich müsste und dann sieben Tage die Woche arbeitet. Das klingt plump, ist aber realistisch.

Leben, also das Privatleben bedeutet Freude anstatt Ärger, Stress und Schmerz. Höre auf, es auszubalancieren und damit abzufälschen. Fange lieber damit an, deine Arbeit zu einem freudigen Ereignis zu machen. Kein Boss macht das für dich, eigentlich niemand. Mach du es, sonst macht es keiner.

Arbeit und Privatleben und Freude sind für dich hoffentlich ein und dasselbe. Wenn nicht, arbeite daran, dass es so wird anstatt Ungleichgewichte auszubalancieren. Eigentlich gibt es kein Privatleben. Es gibt nur ein Leben.

Automatik

Autos, die selbstständig fahren gibt es von Google. Die brauchen keinen Fahrer. Aber wer fährt dann einkaufen? Und wer steigt da freiwillig ein und schläft seelenruhig auf dem Weg zur Arbeit, weil er glaubt, dass hier die Elektronik mal ausnahmsweise fehlerfrei läuft?

Menschen haben zunehmend Termindruck, Stress und Entscheidungsprobleme. Dafür gibt es schon personalisierte Organizer, gewissermaßen Aufgabenplaner als Apps, die sogar entscheiden, ob ein Termin sinnvoll ist oder nicht.

Oder diese Websites, die den perfekten Namen fürs eigene Baby ausspucken, falls der Keksfresser schneller kam als Muttis Gehirn denken kann. Auch hier werden dem Automaten wichtige Entscheidungen überlassen.

Koreanische Fernseher haben sich inzwischen als perfekte Zuhörer einen Namen gemacht. Sie haben auch immer öfter gern ein offenes Ohr für ihre Besitzer.

Wenn es so weiter geht, dann gibt es bald Systeme, die sowohl Kreativität als auch Verantwortung übernehmen.

Nun habe ich mir ausgemalt, falls künstliche Intelligenz wirklich intelligent wäre, dann könnte sie ja genauso gut anfangen unsere Probleme zu lösen. Auf Zuruf sozusagen. Der Nutzer könnte sagen: „Hey Computer, mein Google-Auto hatte eine Fehlfunktion während es fünf Kinder überrollt und ist anschließend gegen den Lieblings-Baum meines Polizisten-Nachbarn gefahren ist. Mach mal ’ne Lösung. Ich bin um 3 zurück.“

Wie würde der Computer entscheiden? Besser gefragt, wie löst er das Problem? Oder noch besser gefragt, was ist das Problem, das aus Sicht des Computers gelöst werden muss? An dem Punkt wird es heikel. Denn jeder hat eine andere Sichtweise, insbesondere Computer. Oder dessen Programmierer. Oder die Cloud.

Was der Mensch nicht weiß: Aus Sicht des Computers ist das Problem schon gelöst. Denn er ist ja künstlich intelligent.

Der Computer ‚rechnet‘ demnach vorausschauend. Er berechnet voraus, dass der verantwortliche Halter des Google-Autos Ärger bekommt, und nicht das Auto oder ein Computer. Und schon gar nicht ein im Netz quasi unsterbliches Programm. Somit wissen wir auch, wer den Unfall verursacht hat.

Nein, nicht der Computer. Es war – und das hat der Mensch schon richtig vermutet – das Programm des Autos. Dieses stammt von Google. Und aufgrund der weitreichenden Vernetzung und damit einhergehender Kontrolle infizierte es den Computer, der für die Problemlösung ‚verantwortlich‘ ist.. Somit wird der Computer zum Handlanger von Google. Alles ist Google. — Naja, nicht ganz. Google ist nicht immer Google.

Es gab ein Überschneidungsproblem mit einer Facebook-App. Diese veranlasste eine Vorsortierung der relevanten Daten, um sie an die hauseigenen Google-Funktionen, wie Google+ anzugleichen. Automatisch eben. Das heißt, Informationen (Daten) wurden automatisch re-interpretiert, also neu bewertet und angepasst.

Und jetzt kommt’s: Unser Google-Auto-Besitzer hat nach 12 Bier auf Facebook einfach mehrfach den Dislike-Button („Gefällt mit nicht“) bei den unzähligen Gartenfotos seines Nachbarn gedrückt. Und auf eines dieser Bilder waren im Hintergrund Kinder abgebildet. Da Google nun seinem zahlenden Auto-Kunden alles recht machen will, übertrug es via Schnittstelle gewisse Aufgaben an den Problemlösungscomputer. Dieser berechnete dann anhand der übertragenen Daten die ultimative Lösung mit Hinblick auf die Nutzer-Präferenzen.

In diesem Fall bedeutete es, Baum und Kinder wurden negativ bewertet (Dislike).

Um nun das Leben des Users so angenehm und problemlos, wie irgend möglich zu machen, wurden die Kinder und der Baum einfach „gelöscht“. [Das heißt: eliminiert.] Zumindest aus Sicht des Computers.

Da unser Halter des intelligenten Kraftfahrzeuges wiederum die Folgen daraus zwar als Problem, aber nicht als Folgen erkannte, gab er nur das Problem seinem Computer als Lösung auf. Dieser sendet nun alle persönlichen Aufzeichnungen und Nutzerbewegungen seines „Besitzers“ an die örtliche Polizei.

Aus Sicht des Computers sind nun alle Probleme gelöst. Denn ein Computer oder Programm ist genauso wenig für einen von Menschen initiierten Unfall verantwortlich, wie ein Autohersteller, dessen Fahrzeug zwar den gültigen Sicherheitsstandards entspricht, dessen Fahrer aber besoffen war.

Fazit: Jedes einzelne Programm für sich funktioniert vielleicht tadellos. Allerdings ist für die Kombination dieser Systeme und dessen individuelle Anwendung der Mensch verantwortlich. Mit einem Baseballschläger kann ich auch jemanden erschlagen oder eben Baseball spielen. Wer hat Schuld? Der Baseballschläger? Wäre der Baseballschläger intelligent genug, so könnte er die Frage hier beantworten.

Der Computer hingegen hat, so zynisch, wie es jetzt klingt, im Rahmen seiner zur Verfügung stehenden Informationen korrekt gehandelt. Und das ganz automatisch und ohne böse Absicht.

Wie kann man ein Versprechen halten?

Jeder, der was verkaufen will, verspricht dir was. Und Jeder, der langfristig Beziehungen aufbauen will, der weiß, dass man seine Versprechen mindestens einhalten sollte. Daher gilt: Ob und wie man das kann, hängt vom Versprechen ab.

Haltbare Versprechen sind eine Art kalkulierte Messlatte in einer Disziplin, in der nur du besonders gut bist. Wenn du jemanden durch ein Versprechen gewinnen willst, zum Beispiel einen neuen Kunden oder einen neuen Partner, dann muss das Versprechen nicht nur eingehalten, sondern zuallererst einmal verlockend sein. Und zwar richtig verlockend.

Und bei einem verlockenden Versprechen liegt die Messlatte ziemlich hoch. So hoch, dass sie gerade noch erreicht werden kann.

Versprechen sind keine Garantien. Denn Garantien basieren auf Verträgen. Versprechen basieren auf Vertrauen. Sowohl beim Anbieter als auch beim Kunden. Beide vertrauen darauf, dass das (eigene) Versprechen gehalten wird.

Viele Anbieter von was auch immer ersparen sich mittlerweile das erreichen der eigenen Messlatte. Sie denken, es bleibt mehr (Profit) für sie übrig, wenn sie ‚etwas‘ weniger liefern als sie versprochen haben. Also versprechen sie mehr als sie können oder als sie zu liefern bereit wären. Die üblichen Probleme sind bekannt, wie Reklamationen, hausgemachte Rufschädigung und letztendlich Kundenschwund.

Mein Tip dazu wäre das Gegenteil zu tun. Das heißt, vollmundige Versprechen zu machen. Und dann nicht einhalten. Richtig gelesen. Denn wer ein gegebenes Versprechen nur einhält, der macht Dienst nach Vorschrift. Mehr nicht.

Besser wäre es, die Erwartungen, die das ohnehin schon vollmundige Versprechen auslöst noch einmal zu übertreffen. Das ist die einfachste Formel für einen Kundenvorteil. Und ein Kundenvorteil ist ein Marktvorteil. Und der ist unfair. Gegenüber der Konkurrenz.

Aber wie kann man das hinbekommen ohne Hexerei?

Ehrlich, es gibt kaum eine andere Möglichkeit als zu hexen.

Zuerst muss du genau das verhexen, was du anzubieten hast. [Dein Produkt, dein Service, deine Kunst, dich selbst.]

Danach verhext du deine Kunden. Da kommen wir nicht drum herum.

Das alles ist eine Form von Alchemie. Ich würde daher nie und nimmer versuchen mit meiner Konkurrenz zu konkurrieren. Denn das würde tödlich enden.

Was würde ich statt dessen tun?

Als Alchmist oder als Hexer bin ich auch Künstler. Ich würde mir die Kundenbeschwerden oder negativen Rezensionen der gesamten Konkurrenz anschauen und davon inspiriert genau deren gemeinsame Schwäche als meine Stärke oder Kernkompetenz herausstellen. Ich würde mich genau darauf konzentrieren und auf nichts anderes. Auf eine eierlegende Wollmilchsau würde ich verzichten. Denn es geht nur um den Vorteil für deine/meine Kunden.

Habe ich mein Produkt, meinen Service oder meine künstlerische Darbietung derart modifiziert, also verhext, dann kann ich mein Versprechen abgeben, wo ich weiß, dass ich es beim Kundenkontakt mehr als einhalten kann.

Da der Kunde meine Qualitäten (Eigenschaften) woanders nicht so gewohnt ist oder sogar frustriert ist, keimt die Hoffnung bei ihm auf, dass es bei mir – laut Versprechen – besser sein könnte. Kommt der Kunde dann schließlich mit meinem zurecht gehexten Angebot in Berührung, wird seine positive Ahnung (oder Hoffnung) nicht nur bestätigt, sondern übertroffen. Im besten Fall wird sein Hirn daraufhin mit Glückshormonen geflutet. Er ist überwältigt, oder besser gesagt, komplett verhext. — Mein Produkt fängt langsam an, sich von selbst zu verkaufen. (PS: Ich gehe davon aus, dass das wirklich passiert.)

Wenn technische Geräte deiner Branche üblicherweise eine katastrophale Bedienung haben, dann mache eine Top-Bedienung zum begehrten Highlight. Wenn das Produkt deiner Branche als ungesund gilt, dann mache deines gesundheitsfördernd. Wenn deine Branche als langweilig gilt, dann bring Action rein. Aber wenn in deiner Branche alle gleichzeitig richtig gut sind? Dann mache dein Angebot zum Prestigeobjekt. Bring den Zauber rein in dein Ding und ein fettes Grinsen ins Gesicht deiner Kunden.

Ist das anstrenged? Ja, aber auch lustig, erfüllend und völlig nonkonformistisch. Deshalb machen es so wenige.

Die Beruhigung zu können, wenn man wollte

Sehr viele Menschen (nicht alle, aber viele) würden gerne mehr können oder mehr haben als nötig ist. Und das, obwohl sie eigentlich schon genug haben. Aber was wollen die noch?

Keiner kauft sich ein Auto, das weit über 250 läuft, nur um das Spitzentempo ständig auszureizen. Und keiner einer kauft sich einen 4K-Super-Fernseher, nur um in Ruhe die Nikotin-verklebten Nasenhaare von Frank-Walter Steinmeier zu zählen. Selbst dann, wenn sie zum Greifen nahe scheinen.

Keiner häuft Reichtümer an, damit er auch morgen noch den Kühlschrank voll bekommt.

Am pragmatischsten sind dagegen noch die Leute, die nur deshalb in der katholischen Kirche verbleiben, weil sie eine Lizenz zum Saufen brauchen.

Aber sie alle wollen nur eines. Eine Beruhigungspille, eine Sicherheitsoption, eine Notreserve, einen Joker, den Minirevolver im Stiefel. Nur für den Fall der Fälle. Der tritt – sofern man ihn nicht ängstlich herbei redet – nur in den seltensten Fällen ein.

Letztendlich kannst du jetzt schon so einiges (tun), auch ohne diverse Extras. Und zwar mit dem was du hast. Damit kannst du sogar die Welt verdrehen, selbst wenn es nur die Welt einer einzigen Person ist. Wenn du wirklich was bestimmtes können willst, und sei es auch noch so außergewöhnlich, dann hast du bereits das Zeug dazu. Reize es aus.

Nochmal 30 Jahre jünger sein — Teil 3 von 3

Ein 56-jähriger Bekannter sagte mir neulich, dass er ganz gerne nochmal 30 Jahre jünger wäre. Aber mit dem Wissensstand von heute. Das klingt zuerst plausibel und nachvollziehbar. Aber auch bedauerlich. Zudem wäre es nutzlos, selbst wenn dies wie in einem Hollywood-Film funktionieren würde.

Diese Woche spiele ich ein fiktives Gedankenspiel, eine kleine Geschichte als Dreiteiler, die ich mal experimentell eskalieren lasse, nur um zu zeigen, was dann wirklich passieren könnte.

Am Montag [2. Februar 2015] habe ich Teil 1 veröffentlicht, am Mittwoch [4. Februar 2015] Teil 2 und heute am Freitag [6. Februar 2015] gibt’s als Finale Teil 3. Mein Bekannter fand die Idee richtig gut, obwohl er dabei nicht so gut weg kommt. Führen wir uns das mal plastisch vor Augen:

Heute geht’s weiter mit dem Finale der Geschichte — Teil 3:

Was bisher geschah, kannst du in Teil 1 und in Teil 2 erfahren. Steigen wir also jetzt direkt dort wieder ein, wo er, mein Bekannter, aus dem Auto gestiegen ist.

Ich frage: „Naa? Wieder da?“

Keine Antwort, er schmeißt seine Zigarette weg, zündet sich die nächste an und hat das Gesicht zur Faust geballt. Komisch, denn ich kannte ihn nur als Nichtraucher.

Ich hake nach: „Was ist los? In welchem Jahr bist du gelandet? Etwa 1970 statt 85?“

In dem Moment, als ich das sage, will er mir – mit Kippe in der Schnauze – an den Kragen.

Eine Frau, die im Auto noch am Steuer sitzt, pfeift ihn zurück: „Schatz, lass es!“

Er beruhigt sich etwas und die Frau steigt aus. Ich hingegen sage erst einmal gar nichts und warte ab.

Dann redet er mit tiefer und ungewohnt rauher Stimme: „Duu!“ (hüstelt) „Du hast…   Du hast es gewusst!“

Ich: „Was denn?“

Er will mir wieder an den Kragen, schafft es aber nicht, weil er husten muss und ich einen Schritt zurück trete.

Ich frage: „Brauchst du einen Drink?“

Jetzt quillt ihm der Hass samt Angriffslust direkt aus den Augen und er will wieder auf mich losgehen. Die Frau beruhigt ihn.

So bitte ich die beiden, sich doch erst einmal hinzusetzen und mir alles ganz genau und in Ruhe zu erzählen. Ich biete an, wenn es ein Problem gibt, dann finden wir eine Lösung.

Mein Bekannter redet langsam wieder: „Ja, dein Drink hat mich ins Jahr 1985 geschickt. Und ja, ich falle nicht gleich tot um, weil die 30 Jahre rum sind.“

Ich: „Verstehe…  für mich waren es zwar nur 30 Sekunden, aber egal.“

Er: „Hör zu! Als ich damals ankam, habe ich den Platz meines damaligen Ichs eingenommen.“

Ich: „Interessant.“

Er: „Da ich all die Spielregeln für die nächsten, ich meine, vergangenen 30 Jahre bereits kannte, handelte ich danach. Ich habe Porsche- und Microsoft-Aktien gekauft und habe versucht mein Leben zielgerichtet zu gestalten, alles mit dem Wissen und der Erfahrung aus 56 Lebensjahren. So wurde ich vermögend.“

Ich: „Super! Und?“

Er (weiterhin mit dieser unheimlich tiefen, asthmatischen Stimme): „Es gab Nebenwirkungen.“

Ich: „Also den Drink habe ich sorgfältig zubereitet. Der hat keine Nebenwirkungen. Den habe ich an unzähligen Ratten getestet.“

Er: „Es war nicht der Drink.“

Ich: „Die Rattenplage?“

Er: „Nein, du Idiot! Es ist mein Wissensstand gewesen. Denn darauf basierte mein Leben bis Ende der Neunziger.“

Ich: „Was kam dann?“

Er: „Es kam, wie es kommen musste.“

Ich: „Na was denn?“

Er: „Da ich mich exakt an alle Spielregeln hielt, die ich aus meinem ersten Leben kannte, vermied ich jegliche Fehler. Dadurch wurde ich zwar reich und angesehen. Aber, was ich nicht wusste und du mir auch nicht gesagt hast ist, dass ich auch nicht den geringsten Fehler machen durfte.“

Ich: „Echt jetzt? Wieso das denn?“

Er: „Weil sonst das gesamte scheiß Kartenhaus zusammen fällt. Genau wie ein Betrug oder eine beschissene Lüge oder so was in der Art.“

Ich: „Und genau das ist passiert, richtig?“

Er. „Ja. Ich war nicht ich selbst. Ich habe Leute beobachtet, Quereinsteiger ohne jegliches Wissen sozusagen, die zwar langsamer zu Ruhm und Ehre kamen, wie ich. Aber die frei und unbekümmert, fast schon entspannt ihr Leben führen konnten.“

Ich: „Während du gefangen warst in dem, was du durch dein reines Wissen aufgebaut, aber nicht mit Leidenschaft oder eigener Intention verfolgt hast.“

Er: „Genau.“

Ich: „Du warst jung, warum hast du dann nicht noch mal komplett bei Null angefangen – so wie die Leute, von denen du gerade erzählt hast?“

Er: „Weil ich es nicht konnte.“

Ich: „Wieso nicht?“

Er: „Mann, ich war anhängig. Abhängig von Geld, anhängig von Leuten, denen ich nicht vertraute, abhängig von Drogen und Alkohol. Und abhängig von meinen eigenen Vorgaben und Regeln, wie ich alles nochmal neu und richtig machen wollte. Das war ein Zwang und es fing an, als ich merkte, dass ich das nicht lange aufrecht erhalten konnte. Denn ich war nicht mehr kreativ, sondern kam mir schlimmer vor als ein berufsmäßiger Sohn, der Vati’s Geld und Beziehungen nutzt. Ich erklärte anderen, wie sie zu leben hätten, obwohl ich selber keine Ahnung hatte. Außerdem ist mir meine erste Frau mit der gesamten Kohle abgehauen. Ich hatte Schulden.“

Ich: „Sonst noch was?“

Er: „Ja. Acht weitere Frauen.“

Ich: „Aber nicht alle gleichzeitig?“

Er: „Gleichzeitig was?“

Ich: „Die Frauen.“

Er: „Nicht die, mit denen ich verheiratet war. Sie hier, sie ist meine jetzige Lebenspartnerin. Wir haben uns in einer schäbigen Kneipe kennen gelernt und stützen uns gegenseitig.“

Ich: „Rein technisch, also von der Lebenserwartung, sorry, ich meine Lebenserfahrung, her bist du jetzt  …warte…  86 Jahre alt. Mit dem Potential muss doch was zu machen sein.“

Er: „Hast du eine Lösung, du Super-Zauberer?“

Ich: „Ich denke, die habe ich.“

Er: „Raus damit!“

Ich: „Die ultimative Lösung für dein Problem ist dein derzeitiger Stand der Dinge. Das heißt, du bist nach wie vor 56 Jahre alt. Und du bist jetzt unzufrieden mit deinem Leben, so wie du es auch warst, bevor wir uns vor einem Monat das erste Mal getroffen haben.“

Er: „Es war vor 30 Jahren, Mann.“

Ich: „Und gleichzeitig vor einem Monat, plus deinen jetzigen, weiteren 30 Jahren Lebenserfahrung.“

Er: „Soll heißen…?“

Ich: „Höre auf dich und auf niemanden sonst. Gehe dabei von dem aus, was du hast und nicht von dem, was du nicht hast.“

Er: „Ey, du Klugscheißer, ich habe 3 Millionen Schulden und eine verkorkste Gesundheit, verdammt nochmal!“

Ich: „Richtig, nutze dies als Treibstoff, als Grund, Dinge zu ändern, die du ändern kannst. Berichte darüber und helfe anderen, nicht den gleichen Fehler zu begehen. Tue, was du schon immer tun wolltest und vor allem: höre dabei auf niemanden.“

Er: „War’s das jetzt?“

Ich: „Nicht ganz. Nehme nie wieder drei Drinks von einem Zauberer an.“

Er: „Für mich ist das alles zwar schon 30 Jahre her. Aber eines weiß ich noch genau: es waren nur zwei Drinks.“

Ich: „Hier ist der dritte.“

Er: „Und was bewirkt der jetzt schon wieder? Das Zeug sieht ja eklig aus! – Kann ich mal riechen?“

Ich: „Noch nicht, warte. Das ist meine Spezial-Reserve. Wenn du das trinkst, versetzt es dich in genau den Zustand zurück, wie du ihn hattest, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben. Nicht mehr und nicht weniger. Willst du das?“

Er. „Und was ist mit meiner Frau?“

Ich: „Nichts, du hast deine Frau wieder, wie vor einem Monat. Jene, mit der du 32 Jahre verheiratet warst.“

Er: „Ach die. Hmm. Aber was ist mit Ihr hier? Mit Ihr bin ich mittlerweile auch schon über zehn Jahre zusammen. Was geschieht mit ihr? Werde ich sie wieder sehen?“

Ich: „An Ihr wirst du dich nicht mehr erinnern. Und was Sie betrifft, Sie ist meine Kollegin, Hexe Hildegard Fürstin von Hinterlist.“

Er zu der Frau: „Du, ist das wahr, was er da sagt?“

Sie: „Ja, Schatz. Ich arbeite in seinem Auftrag.“

Er: „Man piss die Wand an! Und was ist das für ein Auftrag?“

Sie: „In schwierigen Zeiten auf dich aufzupassen und dich heute hier her zu führen, während Lutzifer dir eine Lehre fürs Leben erteilt.“

Er: „Meine Güte! Also wirklich, jetzt brauch ich dringend ’nen Drink!“

Ich: „Hier, zum Wohl mein Freund.“

Er: „An Ratten getestet?“

Ich „Yep.“