Der erste Eindruck zählt nachhaltig
Wenn du jemanden triffst, er dir die Hand gibt, die dann klebrig, schlaff und feucht ist, wie ein nasser Kabeljau. Oder eine Stimme hat, als ob er beim Sprechen Kaffee schlürft bevor ihm die Zunge heraus fällt. Dann kann er noch so witzig, unterhaltsam oder Astronaut sein. Du kannst ihn jetzt schon nicht leiden.
Das trifft auch auf andere Dinge zu.
Als ich Mitte der Neunziger mal – unfreiwillig – nach Dubai musste, da standen bei der Zollabfertigung zwei Hassbärte mit geladener M16 im Anschlag, die mich blöd mit „HA-LEH, HA-LEH!“ oder so ähnlich angeschrien haben, als wäre ich eine Dorfsau, die man auf den Viehtransporter treibt. Seit ich mit denen aneinander geraten bin, rate ich ab von den Emiraten.
Wenn ich mich in einen Bus setze und der Sitz ist noch warm oder der Sitznachbar stinkt wie ein Iltis (weswegen ich nicht gern mit dem Bus fahre), dann stehe ich. Auch wenn der Bus 300 Kilometer durch Sibirien fährt.
Du gehst zu einem neuen Zahnarzt – nur zur Kontrolle – und hörst schon auf dem Parkplatz die Schreie, dann machst du einen Termin bei deinem alten, vielleicht 250 Kilometer entfernten Zahnarzt.
Oder du öffnest einen Blogbeitrag in deinem Feedreader, um ihn direkt auf der Website zu lesen, klickst erst mal zwei Popups weg und gibst anschließend als erster einen Kommentar ab, der lesenswerter ist als dessen gesamter Bloginhalt seit 1972. Und der Blogger? Der hält es nicht einmal für nötig zu antworten. Abgesehen von allen nachfolgenden und einheitlich geschriebenen „Hattu du fein geschrieben! Bussi“– oder „Hmm weiß net. Jo stimmt. Gruß“-Kommentaren. Was machst du? Du schmeißt den kompletten Blog samt seiner Kommentar-Idioten genervt aus deinem Feedreader und hoffst bangend, diesen nicht versehentlich durch einen unbedachten Klick irgendwo in der Zukunft noch mal zu sehen.
Als ich früher mal als Subunternehmer Schulungen für Designsoftware gab, da rief ich direkt den – im Auftrag – zu schulenden Autohersteller an, um die Befindlichkeiten auszuloten und um zu wissen, mit wen ich es zu tun bekomme. Als ich den verantwortlichen Projektleiter am Apparat hatte und er erfuhr, dass ich Ostdeutscher bin, da sagte er „Damit eines klar ist: Wir bauen hier keine Trabis!“. Aber ich war jung und brauchte das Geld. Also fuhr ich hin und mein erster Eindruck wurde bestätigt.
Ich war mal in einer Fachwerkstatt (und Händler), um das Auto eines bekannten abzuholen. Mein Bekannter schwärmt von deren Service, da er zuvor woanders nur schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Andere preisen diese Werkstatt ebenfalls. Dann ging ich locker fröhlich als einziger ‚Kunde‘ durch den Laden und sämtliche Mitarbeiter, denen ich begegnete, latschten ohne zu grüßen gelangweilt mit gesenktem Kopf an mir vorbei. Die Frau, die die Fahrzeuge herausgab dominierte die Geräuschkulisse, da sie erst einmal 7 Minuten mit einer Kollegin rumalbern musste, bevor sie mich bemerkte. Und der Schlossermeister, der mir schließlich den Wagen übergab, war so wortkarg, das ich dachte er spricht kein Deutsch. Mein Eindruck: Da soll mein Bekannter gerne weiter hingehen. Ich nicht.
Es hat einen Grund, warum der erste Eindruck der wichtigste ist. Ein schlechter Eindruck ist – besonders wenn der Rest stimmt – eine vergebene Chance.
Unbewusst merkst du schnell, dass irgendwo was nicht stimmt. Sofern du eine Chance hast schnell zu entscheiden, analysiere nicht lange. Sondern entscheide sofort nach deinem Bauchgefühl. Das Wort „Chance“ meine ich auch als Entscheider wörtlich. Zu langes zaudern führt dann oft doch zu der schlechteren Entscheidung. Ich selber merke innerhalb von 2 Sekunden, ob ich es mit einem Idioten oder einer unangenehmen Situation zu tun bekomme oder nicht.
Man kann diejenigen, die einen schlechten ersten Eindruck machen, nicht immer aus dem Weg gehen, beispielsweise wenn man zwangsweise mit so jemanden beruflich oder privat zusammen sein muss. Aber du hast oft die Wahl, als Kunde, Partner oder in deiner Freizeitgestaltung. Und die meisten Optionen und die beste Wahl hast du als Anbieter, wenn du sozusagen aus dem Hamsterrad ausbrichst, um deine eigene Sache durchzuziehen.
Leider unterschätzen viele Anbieter und Unternehmer die Wirkung des ersten Eindrucks. Obwohl sie ansonsten einen super Service bieten und genau das haben, was der potentielle Kunde eigentlich sucht. Aber wie soll er das erkennen? Sehen tut er das Gegenteil. Immer an bestimmten, aber entscheidenen Stellen, mit denen er zuerst in Kontakt kommt, hapert es dann. Und der Interessent sucht sich die zweite Wahl, weil dort der erste Eindruck gerade besser ist.
Das ist so, als wenn du in deinem gerade schick eingerichteten Haus extra noch Flur und Eingang gewischt hast, weil du Besuch bekommst und ihn nach 12-maligem Klingeln aufforderst, unten im Keller durch die Kohlenluke hereinzukommen.