Was ich damit meine? Alles, was sichtbar ist, was man veröffentlicht, kommentiert oder produziert. – Ja, das geht weit.
Jeder, der in den Weiten des Internets unterwegs ist, weiß um die Tücken des eigenen Treibens und besonders das der anderen. Man sucht oder recherchiert nach etwas bestimmten und findet vieles, vor allem das, was man nie sehen wollte.
Man wird erschlagen von Bildern, Geschichten, das einem die Hand in der Hose erstarrt. Das gesuchte gerät aus dem Fokus, das eigene Weltbild aus den Fugen und das gefundene auf ewig ins Langzeitgedächtnis.
Anders herum wird der eigene Beitrag, sei er noch so harmlos, von ungeübten Zeitgenossen höchst kritisch beäugt. Egal, ob auf den Social Media Plattformen oder durch eigene Seiten und Veröffentlichungen auf Blogs.
Die Frage, ob man es so machen kann, wie man es macht, ist an sich schon so selbsterklärend überflüssig wie ein allabendlicher Geschlechtsverkehr von und mit Alice Schwarzer. Das Bloggen mit der dazu gehörigen Zögerlichkeit ist hier ein passendes Beispiel. Man fragt sich „Kann ich das so raus hauen oder sollte ich vorher vielleicht noch ne‘ Literpulle Weichspüler nachkippen?“
Ich sage dazu nur, dass man weiter gehen kann als man denkt. Denn wie wir zu denken haben wurde uns ja beigebracht. Und dass wir selber denken können (und sogar sollen) hat uns keiner gesagt. Daher sag ich es hier mit diesem Beitrag.
Jeder geht jedes mal zu weit, wie ein Baby das zum ersten Mal durch das Wohnzimmer rennt, obwohl Mutti grunzt. – Mit einem Blick, der schärfer ist als der eines Walduhus. Ebenfalls der Ingenieur, der ein Auto ökologischer, sparsamer und sicherer machen will, weil er einen Grund braucht, um es gleichzeitig noch schwerer und schneller zu machen.
Es ist die eigene Beschränkung, das sich selbst verbieten von Ausprobieren, Veränderung und Fortschritt, die einem an der Misere kleben lassen, wie Haare an der Seife.
Ich nenne das verbieterisches Denken. Jenes wird durch die Gesellschaft religiös ausgeübt, in der wir leben. Dabei spielt es keine Rolle, ob man harsche Töne anschlägt, ein sensibles Thema anspricht oder sich am besten gleich selbst in die Waagschale wirft. Weil, sonst macht ja es keiner.
Ehrlich gesagt, es nützt keinem was, sich zurück zu nehmen oder den eigenem Antrieb zu zügeln. Dann nämlich wird nichts bewegt und nichts (neues) mehr angestoßen. (Anstoßen ist immer gut. Jede Form von Stoßen ist gut.)
Nur weil man Angst hat, anstößig zu werden, seinen Tatendrang an der Stelle aus zu bremsen, wo man am produktivsten sein könnte, halte ich für völlig beschränkt. Was passiert dann? Überhaupt nichts, jedenfalls nichts von unserer Seite her.
Ein Zurechtstutzen der eigenen Persönlichkeit und der damit verbundenen wertvollen Eigenheiten, die jeder hat, öffnet der Willkür des Lebens Tür und Tor. Das ist schlimmer als passiv sein, weil man seine Energie doppelt verschwendet. Weil wir es jeden recht machen.
So gesehen kann man gleich nichts tun und uns damit der totalen Fremdbestimmung überlassen. Das ist wie freiwillig im Knast zu leben, nur ohne Gitter. Die Rolle des Wachpersonals kann dadurch jede X-beliebige Person übernehmen, mit der wir es im ’normalen Leben‘ zu tun haben. Weil wir es ihnen Recht machen.
Wenn du ins Ziel kommen willst, dann nützt es nichts wenn du (jedes mal) nur 99,7% der Strecke fährst, die du fahren könntest. Man sollte schon durch das Ziel fahren. Selbst exakt auf der Ziellinie stehen zu bleiben ist auch nicht sehr ratsam, weil man dafür schon mal vorsorglich abbremsen müsste. Das ist ein Grund, warum Perfektionisten Angst haben, über das Ziel hinaus zu schießen und damit womöglich zu weit zu gehen. Na und?
Falls man dort, wo man meint zu weit zu gehen, sich Grenzen setzt, gibt man von vorn herein Territorium ab. Anders ausgedrückt, man versenkt einen gehörigen Teil seiner selbst ins Nirvana. Dieser Teil ist genau der Teil, auf den es ankommt, wenn wir Veränderungen herbei führen wollen. Das ist unser, das ist dein gewisses Etwas. Deine Würze.
Die Frage ist: Wie weit kannst du es eigentlich noch treiben?
Meine Antwort: Auf jeden Fall weit genug, bis du einen Unterschied gemacht hast. Und dann geh weiter.