Anerkennung: Nicht ob, sondern von wem

Die Tochter sagt ihrem Vater, sie möchte Schlagzeugerin werden. Ihr Vater sagt, sie solle doch lieber eine gesellschaftlich anerkannte Ausbildung machen. Sohnemann erzählt seiner Mutter, er will Objektkünstler werden und meterhohe Statuen aus Aluminium basteln. Seine Mutter sagt ihm, dass es dafür doch keinen anerkannten Abschluss gäbe.

Anerkannt? Von wem? Doch nicht etwa von der Gesellschaft?

Mit der Anerkennung ist es so eine Sache. Man verwechselt da zwei Sachen. Die eine Art von Anerkennung ist nur auf die eigene Person, ja dem Ego bezogen und hat nicht unbedingt damit zu tun, für jemand anderem von Nutzen zu sein.

Die andere, meist falsch verstandene Form der Anerkennung ist die, welche erst dadurch entsteht, dass ein bestimmter oder besonderer Wert für ebenso bestimmte oder besondere Menschen erschaffen wird.

Jene sind nicht automatisch ‚die Gesellschaft‘, die Masse, die durch ihr gleichermaßen der Masse entsprechendes Denken echte oder besondere Werte, die über deren Verständnis hinaus gehen, gar nicht erkennen kann. Es sind Menschen, deren sehr spezielles Bedürfnis eben am besten (oder nur) durch sehr spezielle Ausprägungen von Interessen und Talenten anderer gestillt werden kann.

Das hat nichts mit der Anerkennung durch die Gesellschaft zu tun, sondern durch die direkte Beziehung von Mensch zu Mensch, von Künstler zu Kunstliebhaber. Und im Falle der Schlagzeugerin von Musiker zu Fan.

In der heutigen Zeit wird durch klassische, aber vorgegebene Karrierewege Anerkennung dort gesucht, erhofft oder von Autoritäten vorgegeben, wo man sie immer weniger bekommt. Auch dann, wenn man darin einigermaßen Erfolgreich ist oder gut verdient. Eine nicht zu unterschätzende Unzufriedenheit oder Unerfülltheit bleibt trotzdem.

Wenn der brave Durchschnittsbürger „Schlagzeuger“ hört, denkt dieser nur an jemanden, der ‚meist hinten sitzt und sich die Arme ab trommelt‘. Die von mir oben als Beispiel genannte Tochter aber ist informiert. Sie kennt sich – dank Internet – mit der Thematik und neuen Möglichkeiten der Vermarktung mit hoher Wahrscheinlichkeit schon viel besser aus, als so mancher angestammte Profi.

Schlagzeuger kann heißen, dass man das Genre neu erdenkt, oder Musik anders produziert oder neu kombiniert oder Fan-freundlich, das heißt, gewinnbringend arrangiert.

Der irritierte Vater hätte lieber mal fragen sollen, wie man das Talent der Tochter (ich gehe mal davon aus, dass sie es hat) richtig professionell machen könnte oder welche neuen Möglichkeiten es geben könnte, die Musik der Tochter potentiellen Fans (Zuhörern, Publikum, Konsumenten) eindrucksvoll nahe zu bringen. Im Sinne der Tochter.

Die Kunst ist es nicht, die höchsten Statuen zu bauen oder möglichst laut Musik zu machen, sondern eine Brücke zu bauen, zwischen dem Ausleben deiner Neigungen und dem Verlangen anderer danach. Auch letztere sind ein Teil der Gesellschaft. Und die werden dich und das, was du gern tust, anerkennen. Mehr als jeder andere.