Was sind Online-Ratschläge wert?
Wenn jemand selbst die skurrilste Beschreibung einer Herangehensweise oder die hanebüchenste Lösung auf ein Problem veröffentlicht, so gibt es beim Großteil der Leser sehr wahrscheinlich Ablehnung. Möglicherweise Empörung.
Man denkt: „Wie kann der das nur schreiben? So was verantwortungsloses, was der den Menschen da glauben macht! Der schürt nur falsche Hoffnungen. Der will doch nur Krawall. Blödsinn, Spinnerei….“
Schlimmstenfalls wünscht man so jemanden die Hacker oder diverse elektronische Tierchen auf den Hals. Allgemein gilt in Deutschland, was nicht ernst klingt, das ist auch nichts wert und schon gar nicht seriös.
Diejenigen, die so denken, die nehmen das geschriebene eben wörtlich. (Oder den Ratgeber nicht für voll.)
In Deutschland vertraut man nüchtern geschriebene Bedienungsanleitungen, die Anweisungen geben, wie was zu machen ist. Entweder ist das Handbuch „richtig“ (der Weltsicht des Lesers entsprechend) oder es ist „falsch“ (nicht der Weltsicht des Lesers entsprechend), weil es auf ‚falsche Art‘ gemacht ist.
Außerhalb Deutschlands oder Mitteleuropas gibt es durchaus mehrere Herangehensweisen auf ein Problem, die alle richtig sein können. Jedes auf seine (verrückte, verschrobene, schrullige) Art. Dort ist man lösungstoleranter und auch offener für Verrücktheiten. Die Ratschläge (hierzulande auch Blödsinn genannt) sind mehr wert, gerade weil sie (viele) neue Sichtweisen eröffnen anstatt nur nach dem Gusto von Opa Adolf vorzugehen.
Übrigens sollte man echten Rat nicht mit Quacksalberei verwechseln. Die erkennt man am gefällig-süßlichen Tonfall. Und wer intelligent ist, merkt recht schnell mit wen er es zu tun hat.
Derjenige, der seine echten Gedanken veröffentlicht, der tut dies nicht für die, die davon ein steifes Genick durch Kopfschütteln bekommen. Sondern für spezielle Menschen. Vor allem für solche, die auf die übliche, massenkonforme Art nicht zu erreichen sind.
Niemand, der noch halbwegs bei Trost ist, schreibt oder spricht garantiert nicht für ‚die Masse‘ oder ‚möglichst viele‘. Sondern nur für jemanden, bei dem die beschriebene Situation nicht nur zutrifft, sondern auch in seiner speziellen Sprache (Ausdrucksweise) so wie beschrieben verstanden wird.
Auch nicht jeder spricht allgemein konformes Stockdeutsch. Und nicht jeder hat (Gott sei Dank) allgemein konforme Gedanken.
Die Frage ist nicht, wie viele mir zu nicken und recht geben. Sondern ob und wen ich damit erreichen kann. Rein strategisch (oder meinetwegen marketingtechnisch) kann man mit einer geholfenen Person mehr für sich und andere erreichen als wenn man 500.000 Leute jeweils nur zu 85% erreicht aber nicht wirklich hilft.