Warum Propaganda nicht mehr wirkt
Der Industriell-Mediale Komplex (Hochfinanz, Konzerne, Politik, Massenmedien) kann sich direkt und indirekt seine Unterstützer kaufen. Und das tut er auch. Dummerweise ist das so gekaufte Produkt (auch Öffentlichkeit oder Masse genannt) nicht mehr das, was es mal war: Von Oben kontrollierbar.
Zudem steigt der Preis unaufhörlich. In der Wirtschaft wird mehr für Marketing ausgegeben denn je. Alternative, aber kleine Anbieter nehmen ebenfalls zu. Stammkonsumenten von Printmedien und TV-Formaten sind schwieriger zu halten als früher, was sich bei deren Onlineangeboten auf skurrile Weise durch Wegklicken, Nichtklicken und Klickabhängigkeit fortsetzt. Das ist Einschaltquote 2.0.
Einige wenige Onlinemedien können sich durch extrem hohe Klickraten halten. Der Trend geht aber in die andere Richtung. Damit ist keine Zersplitterung gemeint, sondern die Reorganisation von Individuen. Das, was früher mal „die Masse“ war, vervielfältigt und gruppiert sich neu.
Das geschieht durch Initiativen und Kontakte. Man findet sich oder man wird von jenen gefunden, von denen man gefunden werden will. Weltanschauungen, Interessen oder Sub-Sub-Subkulturen, alle sind schon da und bestimmen zunehmend ihre jeweiligen Lebensarten und Trends.
Offenbar versucht unsere Medien-, Konsum- und Meinungsmaschinerie immer mehr von den Methoden einzusetzen, mit denen sie ihren Bedeutungsverlust erst langsam (und jetzt immer schneller) herbeiführt hat.
Das Publikum formiert sich neu, indem es seine eigenen Medien, Meinungen und gar Produkte neu erfindet. – Zum einem erheblichen Teil gerade wegen des Überdrusses von Einheitsbrei, Werbeorgien und der in letzter Zeit etwas zu offensichtlich gleichgeschalteten Manipulation über die Medien.
Internetkontrolle, Datenklau oder Abhörskandale würden gern, aber können das auf Dauer nicht verhindern. Die Welt bewegt sich inzwischen nicht nur schneller, sondern an immer mehr Stellen vermehrt eigenwillig und unterschiedlicher. Es wird bunter und einigen wohl zu bunt. Wie wollen letztere das alles aufhalten?
Die Masse als solches gibt es nicht mehr. Die löst sich bis zum Verschwinden auf. Wenn sie weg ist, dann kann sie auch nicht mehr kontrolliert werden. Die allen Menschen angeborene Neigung zu sozialer Nähe führt zu neuen Gemeinschaften, der moderne Stammtisch wird ins Internet verlagert.
Es wird neue Anbieter, welche, die wieder echten Mehrwert bieten, geben. Die alten Medien werden durch neue ersetzt oder von selber zersetzt. Journalismus findet jetzt überall statt, nur nicht mehr dort, wo er mal für ein paar Jahrzehnte (oder Jahrhunderte) war.
Soweit die Symptome. Die Diagnose lautet: Das System des „von Oben herab für alle Volks-was-auch-immer“ funktioniert nicht mehr, weil es die Gesellschaft nicht nur zunehmend abstößt, da es bis zu einem kritischen Punkt durchschaut wurde. Sondern nichts gehaltvolles bieten kann, wofür man noch bereit ist, Geld und Zeit zu einzutauschen. Der kritische Punkt dafür ist überschritten.
Wir sind wieder an der Basis angelangt. Die Karten werden neu gemischt. Jeder kann und sollte das jetzt tun, was bisher nur die „Oberen“ konnten: Mitbestimmen, Meinungen, Produkte, Kunst machen. Aber auf unsere Weise, nicht deren. Das heißt, wir brauchen dafür weder Lobbyisten noch Politiker.