Dringende Nichtigkeiten sind nichtige Dringlichkeiten
Er: Das Armaturenbrett seines 3,5 Jahre alten Autos knirscht auf Kopfsteinpflaster. Er fährt seinen billigen Kleinwagen (in dem er selber kaum reinpasst) in die Werkstatt und hält stundenlang den Meister eine Predigt. Dieses Knirschen, seine Frau, sein Arzt und warum Autos nicht knirschen dürften. Der Meister beruhigt ihn, nimmt den Wagen in Obhut, rollt genervt mit den Augen. Zum 5. mal. Aus dem selben Grund.
Sie: Der Geburtstag steht an. (Wessen auch immer.) Sie ist eine Woche vorher schon fix und fertig. Sie besorgt Speisen und Getränke, bäckt Kuchen, bestellt eine neue Sitzgarnitur und einen größeren Tisch. Die Zimmer werden hergerichtet und umdekoriert. Sie passt neue Klamotten an. Sie putzt wie blöde. Frisör. Jedes Jahr. 5 mal.
Beide: Kurz vor einem Feiertag: Sie. „Die kahle Stelle an der Wand dort, da muß ein Bild ran.“ Er: „Ja ja, mach‘ ich morgen.“ Sie: „Und das Bild?“ Er: „Besorg ich.“ Sie: „Du?“ Er: „Na dann eben Du!“ Sie: „Achso…“ …dann hört man das komplette „Gespräch“ für 4 Stunden im gesamten Viertel. (Rein vom Klang her, als ob sich Hitler mit einem Truthahn streiten würde.)
Anderer Tag: Das Telefon bimmelt ununterbrochen, die Emails werden alle 5 Minuten gecheckt. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Dann ist ein Stück Käse vor dem Haltbarkeitsdatum leicht angeschimmelt. Angeblich. Rein ins Auto und ab zum Discounter, es wird reklamiert, 25 Minuten gewartet. Eine riesen Schlange bildet sich. Der Geschäftsführer noch mal 40 Minuten lang belehrt. Die Leute warten. Er: „Es geht um’s Prinzip….“
Selber Tag, selber Typ, nur später: Ein neu hinzugezogener Anwohner parkt versehentlich „am falschen Ende“, „das ist kein Hof, das ist eine Straße!“ Der Typ erklärt die neuen Anwohner die Parkordnung unverständlich und in Romanlänge, keiner weiß was er will, „seine Frau, sein Arzt…“ …die neuen Anwohner sind nach 2 Stunden komplett genervt. „Es geht um’s Prinzip….“ Willkommen in Deutschland!
Die meisten deutschen Menschen verheizen ihre wertvolle Zeit und Energie für Nichtigkeiten und Dringlichkeiten (Was wiederum Nichtigkeiten sind.) Der „Ordnung“ wegen. Angeblich.
Wenn die nur 10% ihreres Aufwandes, den sie für Nichtigkeiten verwenden für wichtiges verwenden würden, wären die positiven Auswirkungen auf die hiesige Gesellschaft gigantisch und mit Sicherheit für jeden deutlich spürbar. Und ein wahrer Quell der Freude.